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Treffpunkt Konjugation

Das Forum für die deutsche Sprache

Index » Stil » Das neue Modewort "da"
Autor Beitrag
Miraculix1967

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Beigetreten: 23/03/2011 08:39:11
Beiträge: 53
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Die deutsche Sprache wandelt sich im Laufe der Jahre immer mehr: Neuestes Beispiel ist die Vorsilbe „da“: War sie viele Jahre lang nur Bestandteil einer Präposition, so wird dieses Wort immer häufiger getrennt vom Rest des Wortes benutzt.

Zwei Beispiele, die das verdeutlichen sind:

1. Alte Sprachweise:

„Ich bin dafür.“

2. Neue Sprachweise:

„Da bin ich für.“

Bisher ist die letztere Variante laut Duden eindeutig falsch. Nur frage ich mich eins: Wenn die neue Variante derart häufig umgangssprach benutzt wird: Wie lange dauert es wohl, bis sie auch in den Duden Eingang findet? Beziehungsweise: Wer ist dafür verantwortlich, dass es tatsächlich geschieht?

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.
wortgewandt

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Beigetreten: 23/12/2010 00:53:59
Beiträge: 99
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Wenn Du so fragst: Jeder ist dafür verantwortlich, wie er die Sprache im Alltag pflegt. Je mehr eine (umgangssprachliche) Ausdrucksweise im Alltag verwendet wird, und je mehr Menschen sie in der Öffentlichkeit und in der täglichen Kommunikation mit anderen verwenden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann als alternativer Ausdruck im Duden landet.

Im Extremfall könnte es vielleicht sogar dazu kommen, dass die heute richtige und als guter Stil geltende Variante demnach irgendwann ganz wegfällt. Ich glaube aber nicht, dass das so schnell passieren wird, da es immer noch genug Menschen gibt, die in der täglichen Kommunikation auf ihren Ausdruck achten. Ich habe den Eindruck, dass in der Schriftsprache sogar noch mehr darauf geachtet wird als in der mündlichen. Klar: "Da bin ich für" ist schnell herausgerutscht, wenn im jeweiligen Umfeld so gesprochen wird. In der Schriftsprache überlegt man mehr, wie es wirkt etc.

Bleibt es hingegen nur ein im Vergleich kleiner Personenkreis, der unter sich so spricht, oder ein bestimmtes Milieu, wird es sich auch nicht als allgemeingültig durchsetzen - und somit auch nicht Eingang in den Duden finden oder gar die andere Ausdrucksweise verdrängen.
California

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Beigetreten: 14/02/2011 15:02:02
Beiträge: 100
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Hallo,

im Grund hast Du Recht, dass jeder für seinen eigenen Stil verantwortlich ist. Sprache aber ist einer permanenten Wandlung unterworfen, denn Sprache ist wie alles im Leben ein dynamischer Prozess. Dass sich auch in der geschriebenen Sprache Änderungen ergeben, kann ich mit meinem beliebten Beispiel belegen. Wir verwenden in der geschriebenen Sprache meist den Perfekt, während wir in der gesprochenen Sprache den Plusquamperfekt verwenden. Dennoch ist aus "buk" "backte" geworden. Ich buk also ein Brot war richtig. Aber keiner schrieb oder sprach es mehr. Und so erhielt "backte" einen Platz im Duden.

Ich bin der Ansicht, dass wenn es nur genug Leute sagen, man die richtige Form als fremd und merkwürdig empfindet. Dann ist es sehr leicht, dass es bald im Duden steht. Wie lange aber dieser Prozess dauert, weiß ich nicht. Vom Gehühl her würde ich sagen, eine Generation.

Liebe Grüße
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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California wrote:Ich bin der Ansicht, dass wenn es nur genug Leute sagen, man die richtige Form als fremd und merkwürdig empfindet. Dann ist es sehr leicht, dass es bald im Duden steht. Wie lange aber dieser Prozess dauert, weiß ich nicht. Vom Gehühl her würde ich sagen, eine Generation.
Umgangssprachlich geht so etwas recht schnell, schriftsprachlich können Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte vergehen. Schriftsprache ist also eher träge, was Änderungen anbelangt – außer sie sind staatlich diktiert –, und manch eine Änderung schlug sich erst in der Schriftsprache nieder, als sie in der Umgangssprache längst nicht mehr aktuell war.
California

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Beigetreten: 14/02/2011 15:02:02
Beiträge: 100
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Hallo Wortraum,

die Veränderung der Schriftsprache braucht immer länger als die Gesprochene. Das ist schon richtig. Die von Mirakulix1967 gestellte Frage war ja:

Bisher ist die letztere Variante laut Duden eindeutig falsch. Nur frage ich mich eins: Wenn die neue Variante derart häufig umgangssprach benutzt wird: Wie lange dauert es wohl, bis sie auch in den Duden Eingang findet? Beziehungsweise: Wer ist dafür verantwortlich, dass es tatsächlich geschieht?

Ich denke, dass der Einzug veränderter Wörter in den Duden von oben diktiert wird. Ebenso verhält es sich mit neuen Wörtern. Gerade die Internet- und Computersprache hat sich in nur 15 Jahren derart in unseren Sprachgebrauch integriert, dass Vieles schon im Duden steht. Wer das bestimmt? Ich denke, Sprachwissenschaftler.

Ich werde Dir ja nichts Neues erzählen, wenn ich Dir sage, dass die Schriftsprache sich von der gesprochenen Sprache unterscheidet. Siehe Perfekt und Plusquamperfekt. Wir verwenden in der Gesprochenen den Plusquamperfekt und in der Geschriebenen den Perfekt. Wann sich das ändern wird?

Liebe Grüße
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Sprachwissenschaftler haben mit dem Duden nichts zu tun. Der Dudenverlag ist ein wirtschaftliches Unternehmen, hat eine Redaktion und gehört zum Cornelsen-Verlag, der auch der größte Schulbuchverlag in Deutschland ist. Hier geht es ganz allgemein um Gewinne, nicht um Sprache.

Es wird nicht für den Duden mit 3000 neuen Wörtern geworben, weil es sinnvoll war, sie aufzunehmen, sondern weil eine Redaktion die Anordnung bekam, neue Wörter zu sammeln – auch die unsinnigsten wie Auflaufkinder, Goleo VI oder Champagerdusche –, damit man für einen neuen Duden werben und ihn zahlreich verkaufen kann. Auch daß der Duden so bunt geworden ist, ist vor allem eine Vermarktungsstrategie.

Früher war der Duden überwiegend deskriptiv. In den Anfängen war es Konrad Duden, der Wörter sammelte und aufschrieb, was in seinem Sinne fortgeführt wurde. Immer mehr wurde der Duden aber preskriptiv, beschrieb also nicht nur, sondern schrieb vor allem vor. Sprachwandel führte also nicht zur Änderung des Dudens, sondern der Duden zum Sprachwandel.

Man kann zwei Dinge daraus ableiten:
1) Ein Unternehmen wie Cornelsen ist nicht Herr über die Sprache. Was der Duden empfiehlt, kann einem guten Schreiber egal sein. Er darf den Duden in Frage stellen, und er tut bei etlichen Empfehlungen gut daran, das zu tun.
2) Daß der Duden auch preskriptiv ist, bedeutet vor allem, daß er nicht den Sprachzustand beschreibt. Er kann also nicht, ganz und gar nicht den Sprachzustand beschreiben, das ist ihm vom Ansatz und von der Intention unmöglich.

Als Ratgeber, den man mit Bedacht nutzt, ist er also sinnvoll, als Entscheider ist er unbrauchbar. Aber das versteht sich von selbst.

Um zu entscheiden, welche Wörter aufgenommen werden, hat man heute normalerweise einen Textkorpus. Das ist eine Sammlung von Texten, zum Beispiel alle Zeitungsartikel nahmhafter Zeitungen. So kann man schnell auswerten, wie häufig Wörter vorkommen und in welchem Kontext sie stehen. Welche Kriterien nun genau für den Duden erfüllt sein müssen, damit ein Wort aufgenommen wird, weiß wohl nur die Geschäftsführung und die Redaktion.

Der Duden wird nicht nur Zeitungen als Quelle verwenden, aber als Beispiel soll das hier genügen. Schreiben die Zeitungen nur von Lapsus, weil es so im Duden steht, dann steht es so im Duden, weil die Zeitungen es so schreiben. Natürlicher Sprachwandel erhält so nur langsam Einzug in den Duden.

Daß die Menschen dem Duden derart hörig sind, daß sie so geistlos und so schüchtern mit ihrer Sprache umgehen, ist mir unbegreiflich. Das Ansehen, von dem der Duden heute zehrt, stammt ja vor allem aus der Zeit, in der er Sprache beschrieb.

This message was edited 2 times. Last update was at 26/04/2011 13:38:55

California

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Beigetreten: 14/02/2011 15:02:02
Beiträge: 100
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Hallo,

was Du da schreibst, finde ich ziemlich erschreckend. Denn wenn das stimmt, was Du sagst, dann wird unsere - einstmals gute - deutsche Sprache regelrecht zerstört. Ich muss gestehen, dass ich seit vielen Jahren keinen Duden mehr im Haus habe, bzw. keinen neuen. Meiner stammt noch aus einer Zeit vor der neuen deutschen Rechtschreibung. Daher bin ich wohl nicht mehr auf dem Laufenden. Wenn nun Wörter aus Zeitungen in den Duden Einzug halten, dann gute Nacht. Egel, welche Zeitung ich aufschlage - bei manchen mehr als bei anderen - dann begegnen mir so viele Fehler, dass es mich oft graut. Wenn ich Fehler mache, nun ... es ist nicht mein Beruf. Aber Leute, deren Job aus Sprache besteht, sollten es wirklich besser wissen.

Des Weiteren ist die Sprache der Zeitungen wirklich kein 1:1-Abbild der gesprochenen Sprache der Menschen in Deutschland, sondern oft eine künstliche Kreation.

Ich stehe ein wenig auf Kriegsfuß mit den Medien aus dreierlei Hinsicht:

1. Sie recherchieren oft nicht mehr selbst, sondern sie bedienen sich aus einem Infopool (wenn ich das mal auf Neudeutsch sagen darf)
2. Es werden den Redakteuren Vorgaben gemacht, was und wie sie es schreiben sollen
3. "Bad news are gooe news"

Aber dies nur nebenbei...

Liebe Grüße

Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Wenn nun Wörter aus Zeitungen in den Duden Einzug halten, dann gute Nacht.
So sagte ich das nicht. Aber Zeitungen sind eine Quelle für einen Korpus. Welche Quellen der Duden noch hat, kann man erst einmal nicht sagen. Es können Fernsehsendungen wie die Tagesschau sein, Magazine, Buchneuerscheinungen, bestimmte Internet-Seiten, wissenschaftliche Arbeiten, Meldungen von Nachrichtenagenturen, Parteiprogramme, Gesetzestexte.

Alle kurzlebenden Moden haben im Duden wenig verloren, und man muß wirklich fragen, was Wörter wie Heuschreckenkapitalismus, Kompetenzteam oder Rucksackbomber im Duden sollen.

Ein Wörterbuch zu erstellen, ist sicherlich schwierig. Einerseits möchte man ein Wörterbuch erstellen, das einige Jahre aktuell ist, andererseits ist es schwer, Entwicklungen abzuschätzen. Einerseits möchte man beschreiben, andererseits ist gutes Hochdeutsch etwas, das von Berufsschreibern, nicht von Laien stammt, so daß man andererseits auch wieder vorschreibt. Einerseits ist Schriftsprache konservativ, anderseits schreiben Menschen im Internet heute recht umgangssprachlich. Einerseits möchte man ein umfangreiches Werk haben, andererseits kann man nicht jede Zusammensetzung aufnehmen.

Es ist immer eine Frage der Balance. Meines Erachtens waren drei amtliche Regelwerke und die Kommerzialisierung der Sprache, wozu sie vom Duden selbst getrieben und wozu sie vom Staat geführt wurde, nicht gerade förderlich, was diese Balance betrifft.

Ich sage ja auch nur, man solle sinnvoll und mit Bedacht schreiben. Der Duden alleine zerstört auch erst einmal gar nichts, das machen die Schreiber selbst, und dazu führt die Erziehung, das Bildungssystem und der Deutschunterricht, dazu führen Einsparungen bei Zeitungen, Einsparungen an Korrektoren und Lektoren, dazu führen Texte, die von Nachrichtenagenturen aus Satzblöcke zusammengesetzt werden, dazu führen Werbesprache und Amtsdeutsch. Doch man muß aufpassen, nicht jede Änderung muß etwas mit Zerstörung zu tun haben, und Wandel wird oftmals negativ begriffen, weil er gegen alles gerichtet ist, was man kennt, woran man sich hält, woran man sich gewöhnte, worauf das eigene Leben fußt.

Schon Karl Kraus sagte vor etwa einem Jahrhundert: „Die Zeitungen haben früher das Niveau ihrer Journalisten gehabt und haben jetzt das ihrer Leser.“ Und er sagte auch: „Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten.“

Sei’s drum, was aber nun wirklich nicht sein kann, ist, daß der Duden als elftes Gebot behandelt wird. (Dem Duden die Entscheidungsgewalt über die Sprache zu entziehen, war übrigens eines der hehren Ziele der Reformidee, das aber nie erreicht wurde.)

This message was edited 1 time. Last update was at 26/04/2011 16:54:20

 
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