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Treffpunkt Konjugation

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Index » Stil » fighten
Autor Beitrag
Kathi67

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Beigetreten: 18/04/2011 08:37:26
Beiträge: 61
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Hallo zusammen,

an anderer Stelle habe ich heute schon über das „Eindeutschen“ von englischen Worten gesprochen, aber keine genauen Beispiele gebracht.

Ich liebe sowohl die deutsche als auch die englische Sprache, aber ein Vermischen der beiden Sprachen finde ich nicht so gut. Das Verwenden von bestimmten englischen Worten, die sich bereits etabliert (was für ein schönes deutsches Wort :wink haben, empfinde ich eher als Bereicherung, zumal man ja auch versuchen kann, deutsche Worte dafür zur Abwechslung zu verwenden.

Was ich aber absolut unmöglich und nicht nur für schlechten Stil, sondern sogar als schweren Fehler im Gebrauch der deutschen Sprache halte, sind englische Verben, die man „eindeutscht“.

Ein solches Wort ist „fighten“. Hauptsächlich im Sport verwendet – und ich kann hier absolut nicht verstehen, warum nicht sagen kann, dass um den Ball gekämpft wird, aber bitte –, wird dieses Wort vergewaltigt und lautet schließlich: „Er fightete!“ – Dabei könnte ich jedes Mal zum Rumpelstilzchen werden oder zum Pumuckl ! Wie geht es euch dabei? Noch jemand, der dabei Zustände bekommt?

Liebe Grüße
Kathi
Daisy_bluebell

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Beigetreten: 03/01/2012 20:11:32
Beiträge: 50
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Liebe Kathi67,

ja, ich verstehe, was du meinst. Und manchmal lässt sich sogar nicht einmal die Herkunft eines dieser Wörter erkennen. Aber ich denke, dass es sich eher um Modewörter handelt, die nach einer Weile wieder von der Bildfläche verschwinden, weil sie „out“ sind. Vielleicht kann sich das Wort „fighten“ auch wirklich so etablieren, wie zum Beispiel „downloaden“. Dieses Wort ist doch nun wirklich aus unserem täglichen nicht mehr wegzudenken. Ich denke, englische Verben werden zunehmend ins Deutsch übernommen und „eingedeutscht“ werden. Aber keine Angst, das ist der normale Lauf der Dinge, denke nur mal daran, was wir als Jugendliche für Wörter verwendet haben, wo unsere Eltern und Großeltern nur mit dem Kopf geschüttelt haben.

Wer immer tut, was er schon kann,
bleibt immer das, was er schon ist.
Joy

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Beigetreten: 18/12/2011 19:46:07
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Um auf das Beispiel "downloaden" als eingedeutschtes Wort einzugehen, muss man sagen, dass "fighten" und "downloaden" meiner Meinung nach nicht unbedingt vergleichbar sind.

"Downloaden" ist eine technische Bezeichnung, die mit dem Internet zusammenhängt und somit erst seit wenigen Jahren überhaupt in unserer Sprache auftaucht. Natürlich könnte man sich auch mit dem deutschen Wort "runterladen" bedienen, aber wie nennt man denn das Produkt, was man runtergeladen hat? Für den "Download" gibt es keine deutsche Bezeichnung, das als "Runterlad" zu bezeichnen, währe wohl alles andere als schön. :p
Uns bleibt nichts anderes übrig als neue, technische Errungenschaften aus den Vereinigten Staaten oder anderen internationalen Ländern auch hier vor Ort mit englischen Begriffen zu bezeichnen - das finde ich durchaus nicht verkehrt.

Die Modeerscheinung aus neuster Zeit, dass auch völlig grundlos andere englische Wörter wie "fighten" vermehrt im deutschen Sprachraum eingesetzt werden, ist meiner Meinung nach jedoch ungerechtfertigt. Im Deutschen haben wir genug Wörter, die das Wort "fighten" ersetzen können. Sei es einfach das "kämpfen", oder spezieller das "attackieren", "angreifen", "abwehren", "austeilen" etc. - den Begriff mit einem Anglizismus unterschreiben empfinde ich für sinnlos.

Man muss also durchaus zwischen sinnvollen und sinnlosen Anglizismen unterscheiden.

Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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@Joy:
Wo siehst Du bei download die Eindeutschung? Grammatisch ist das Wort lediglich teilweise angepaßt, in der Schreibung überhaupt nicht, in der Aussprache ebenfalls nicht.

Hingegen siehst Du Deutsch als eine tote Sprache an, aus der man nicht schöpfen kann? Die Meinung, eine natürliche Sprache liefere nicht die Möglichkeit, sich zu wandeln und an das Neue anzupassen, ist grundverkehrt. Es ist jedoch bloß eine Möglichkeit, und sie zu nutzen, das bedeutet den Unterschied zwischen produktiven, lebendigen Sprachen einerseits und toten Sprachen andererseits.

Den technischen Begriff Download hast Du leider nicht gänzlich erfaßt, vornehmlich bezeichnet er nämlich einen Vorgang, kein Ergebnis. Den können wir mit längst eingedeutschten Wörtern wie Transfer oder durch Substantivierungen, hier beispielsweise das Laden oder das Herunterladen, benennen.

Das Lad oder Runterlad scheint mir zudem eine untypische und ungelenke Wortbildung zu sein, mein Sprachgefühl jedenfalls möchte noch ein e am Ende wissen: die Lade. Was daran häßlich sein soll – oder, in Deinen Worten, alles andere als schön, erschließt sich mir nicht. Das Wort ist kurz, griffig und bezeichnend, und das einzige, was man ihm vorwerfen kann, ist das, was sich allem Neuen vorwerfen läßt: es ist ungewohnt.

Einen natürlichen Umgang mit der Sprache und der Lust, der Mühe, dem Willen, sie zu erweitern, zu wandeln, sie zu formen und aus ihr zu schöpfen: das ist es, was man sich aus angelsächsischer Kultur abschauen sollte! Aus Ermangelung eigener Kreativität, aus Faulheit und Fantasielosigkeit, aus der folgenden Wortarmut entsteht nichts weiter als die Notwendigkeit, sich bei anderen Sprachen bedienen und kopieren zu müssen. Das mag bequem sein, überdies ist es aber armselig.

This message was edited 2 times. Last update was at 05/01/2012 19:50:07

Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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Mir fallen gerade noch andere Möglichkeiten ein, sie sind aber allesamt theoretisch und werden nicht gebraucht: Fernlesen, Fernschreiben, Fernkopie.

Das stimmt jedoch nur halb, die Fernkopie ist tatsächlich nämlich eine existierende Bezeichnung für das Fax. Es ist daher auch nicht ganz so kreativ, wie es zuerst anmutet, denn Fax selbst führt zum Telefax und zum Faksimile (tele für fern und Faksimile für die Kopie).

Und Du hast natürlich recht, daß download eine Lücke füllt, wo das Deutsche nur wenig produktiv war, während fighten eindeutig ein verdrängender Anglizismus ist.

This message was edited 1 time. Last update was at 05/01/2012 20:33:54

Joy

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Beigetreten: 18/12/2011 19:46:07
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@ Wortraum - Dein Einwand bezüglich des Wortes "Download" kann ich nachvollziehen, habe mich da nicht korrekt oder zu knapp ausgedrückt. Aber es ging mir letztendlich vor allem um die Tatsache, die du auch in deinem letzten Satz angesprochen hast. "Downloaden" sollte da nur als Beispiel dienen, für sämtliche Anglizismen - oft aus dem technischen Bereich - die den deutschen Wortschatz bereichern und ergänzen und keine üblichen Ausdrücke verdrängen.

Du sprichst da von mangelnder Kreativität bzw. Produktivität unserer Sprache - ich sehe das ganze in diesem Bereich als völlig normalen Vorgang an. Im Zeitalter der Globalisierung macht es meiner Meinung nach Sinn, die Begriffe zum Beispiel rund um das Thema "Internet" wie z.B. "E-Mail", "Chatten" oder halt eben auch den "Download" aus dem englischsprachigen Raum zu kopieren. Das vereinfacht uns doch die weltweite Kommunikation und Zusammenarbeit.

In anderen Bereichen stimme ich jedoch völlig mit dir überein - warum sollten wir uns auch an Anglizismen bedienen, wenn wir in unserer Sprache schon sämtliche Begriffe finden, die dasselbe ausdrücken.

Um nun noch mal auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: Ergänzende Anglizismen wie "downloaden" finde ich demnach in Ordnung, während verdrängende Anglizismen wie "fighten" meiner Meinung nach nichts im deutschen Wortschatz verloren haben sollten.
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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Gegen die These, einzelne Anglizmen vereinfachen die globale Kommunikation, sprechen meines Erachtens drei Punkte.

Erstens steht dahinter der Irrglaube, einige Schlagwörter könnten die Kommunikation vereinfachen. Bloß einige Wörter aus einer anderen Sprache zu übernehmen, bringt einen kein Schritt weiter. Wer auf Englisch sagen möchte, daß er nächste Woche eine E-Mail schreiben werde, der kann entweder Englisch oder es nicht sagen.

Dafür aber – zweitens – sind die im eigenen Land vielen Menschen unverständlich und führen bei älteren Menschen und solchen, die neue Technik nutzen wollen, sich aber nicht für die Interna interessieren, zu Berühungsängsten, zu Verwirrung oder zur Ablehnung. Sie sind nichts weiter als ein Kommunikationshindernis.

Drittens stecken hinter Anglizismen oftmals rein wirtschaftliche oder politische Interessen; es geht um Verschleierung und Unverständnis. Einige Unternehmen wie die Telekom geben das unumwunden zu. Selbstredend fördert auch das keineswegs die Kommunikation.

Viertens sind etliche Anglizismen in ihrer deutschen Bedeutung keineswegs identisch mit der englischen Bedeutung. Ein Engländer kann nur kopfschüttelnd oder lachend oder beschämt durch Deutschland gehen. Da findet man etwa Babysafes für Einkaufswagen oder Designer-Outlets – also etwas gänzlich abwegiges für jemanden, der Englisch kann.

Fünftens ist es ein schwerer Irrtum, Denglisch sei in der Welt verständlich. Es ist es nicht, es ist nicht einmal in Deutschland verständlich, noch weniger in England. Denglisch ist keine Weltsprache.
Gretchen0910

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Beigetreten: 17/11/2011 16:29:32
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Kleiner Einwand von meiner Seite: Nur einige Wörter aus dem Englischen zu übernehmen ergibt noch kein Denglisch.

Ähnlich dem Denglisch wurde auch Spanglish lange Zeit verpönt. Unreine Sprache, sinnlose Wortübernahmen, ein Katalysator für das Sprachsterben usw. Bei genauerer Betrachtung stellte sich aber heraus: Wer Spanglish fließend sprechen oder einem solchen Gespräch komplett folgen möchte, muss sowohl Englisch als auch Spanisch fließend beherrschen. In den meisten Fällen werden Wörter zudem nicht ihres Coolness-Faktors aus der jeweils anderen Sprache geborgt, sondern weil sie ein Konzept passender beschreiben.

Ähnlich ergeht es mir in meinem Bekanntenkreis. Da kommt es auch zu Denglisch-Gesprächen, wenn ein englischer Ausdruck das Gemeinte treffender beschreibt. Catfight, beispielsweise, ist ein solcher Ausdruck.

Und englische Wörter die scheinbar sinnlos in die deutsche Rede (siehe fighten) eingeflochten werden? Die sind nicht umsonst in den meisten Fällen innerhalb der Jugendsprache oder bestimmter Kreise anzutreffen und häufig keineswegs sinnlos. Sie grenzen aus, schließen die Gruppe der Benutzer nach außen ab und stärken somit die Gruppenidentität. Denn wer es nicht versteht, kann dem Gesprochen auch nicht folgen und ist dadurch anders als die 'Insider'.

Auch Denglisch - in welcher Variante auch immer - soll keine Weltsprache sein oder außerhalb bestimmter Gruppen verstanden werden – das macht es aber nicht besser oder schlechter als andere sprachliche Erscheinungen, denn wer es verstehen soll, versteht es auch.
Joy

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Beigetreten: 18/12/2011 19:46:07
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Ich stimme da größtenteils mit Gretchen0910 überein. @ Wortraum - Ich kann zwar jede einzelne deiner fünf angeführten Thesen verstehen, finde jedoch dass du das ganze etwas zu negativ beurteilt. Wie Gretchen0910 richtig angeführt hat, machen einzelne Anglizismen noch lange kein "Denglisch" aus und auch Ausdrücke wie "fighten" sollten nicht allzu negativ gesehen werden, da es sich vermutlich um eine Modeerscheinung handelt, die sich auf Dauer nicht durchsetzen kann.

Gretchen0910

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Beigetreten: 17/11/2011 16:29:32
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Noch ein kurzer Nachtrag bezüglich der Verstärkung von Berührungsängsten durch 'Anglizismen' in der neuen Technik:

Technik hat, wie viele andere Bereiche auch, eine Fachsprache mit einer entsprechenden Terminologie. Will ich nach Rezept kochen und stoße dabei auf den mir unbekannten Begriff 'blanchieren', muss ich entweder herausfinden, was sich dahinter verbirgt oder auf Tiefkühlpizza zurückgreifen. Will ich nach Anleitung stricken und stolpere dabei über 'Abketten', dann lerne ich entweder das dahinterstehende Konzept oder ich lasse es. Dabei ist egal, ob es 'Abketten' heißt oder 'Froschkönigen' – solange ich nicht weiß, was es ist und nicht dazu bereit bin es zu erfahren, könnte es ebenso gut als 'Larifaridrumbum' bezeichnet werden – meine Verwirrung bliebe dieselbe.

Natürlich werden Menschen mit Englischkenntnissen leichteres Spiel in der neuen Technik haben. Ebenso wie Menschen mit Französischkenntnissen beim Kochen und in der Mode oder Menschen mit Latinum in der Medizin und Linguistik. Anglizismen deswegen als 'Kommunikationshindernis' zu verteufeln, halte ich persönlich für unangebracht.
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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In diesem einen Punkt stimme ich Euch unumwunden zu: einige Anglizismen ergeben kein Denglisch, und gegen Anglizismen ist erst einmal per se nichts einzuwenden. Aber die Menge macht das Gift, und davon abgesehen, daß es kaum ein anderes Land gibt, in dem Anglizismen so weit verbreitet sind und sich nicht nur auf den Wortschatz, sondern sogar auf die Grammatik auswirken, gibt es noch ganz andere Faktoren, die sich auf Denglisch und ähnliche Wischiwaschisprache auswirken. Beispielsweise gehört Deutschland zu den europäischen Ländern, in dem der Unterricht in der eigenen Muttersprache am stärksten vernachlässigt wird, in dem es also vergleichsweise wenig Deutschunterricht gibt.

Nein, einige Anglizismen sind weder schlimm noch Ärgernis, und an ihnen störten sich bis in die neunziger Jahre allein Puristen. Heutzutage ist die Verbreitung exzeptionell, sowohl in ihrem Ausmaße wie in ihrem Wirken wie in ihrer Verbreitung. Sie wirken, wie gesagt, inzwischen sogar auf die Grammatik; und sie sind längst vom Rand des Wortschatzes ins Zentrum gedrungen.

In den meisten Fällen werden Wörter zudem nicht ihres Coolness-Faktors aus der jeweils anderen Sprache geborgt, sondern weil sie ein Konzept passender beschreiben.
Das ist eine der meistverwendeten Ausreden. Die Dinge werden aber nicht so geschaffen, wie sie die Wörter beschreiben(*1), sondern Wörter beschreiben, wie Dinge geschaffen sind. Wörter müssen in ihrer Bedeutung erweitert werden, das ist lebendige Sprache, und nichts anderes passiert im Englischen, wenn mit uralten Wörtern neue Begriffe benannt werden.

Niemand dachte vor eintausend Jahren daran, das Worte scato (Schatten) könnte einmal etwas bezeichnen, das in Speichern einer Spielekonsole aufwendig und schwierig berechnet wird. Niemand, der im fünfzehnten Jahrhundert auf einem Segelschiff die Weltmeere besegelte, wäre auf die Idee gekommen, dieses Wort könnte auch für Luftschiffe oder Raumschiffe verwendet werden. (Diese Verwendung ist übrigens der Grund, warum Ballons auch heute noch fahren, das geht zurück auf die Schiffahrt und fahrende Schiffe.) Vor wenigen Jahrzehnten verstand man unter einer Maus ein Tier oder ein Panzer, auf den Begriff des Eingabegerätes wurde das Wort erst später erweitert. Die Herkunft des Wortes Zug kenne ich nicht, aber ob man nun an einem Karren zog oder ob es als Hauptwort benutzt wurde: einen Hochgeschwindigkeitszug bezeichnete es sicherlich früher nie.

Germanisch skupa (der Schuppen) wurde im Englischen zu shop und bezeichnet heute ein Geschäft, und davon entwickelte es sich längst weiter, wurde abstrakter und bezeichnet nun auch Geschäfte im Internet. Ein solcher Sprachwandel ist natürlich, notwendig; er bedeutet Lebendigkeit.

Es gibt aber Begriffe, die uns fremd sind, Begriffe aus fremden Kulturen, und es gibt sehr wohl Fremdwörter und auch Anglizismen, die bereichernd sind. Bei Anglizismen ist das ein kleiner Teil – Boot, Schal, Streik fallen mir immer zuerst ein –, meist gibt es für sie kein eigenes Wort in der Sprache, das nahe genug ist, um gegriffen und erweitert werden zu können. Dann gibt es verarmende Anglizismen, mit etwa 80%(*2) der Großteil aller Anglizismen, die verdrängen, verschleiern oder aufweichen. Im Gegensatz zu früher werden solche beispielsweise im Journalismus schlichtweg übernommen, in Ermangelung an Zeit, Kreativität oder Sprachtalent oder Bequemlichkeit. Es wird gerne aus Nachrichten von Presseagenturen kopiert; diese haben eigene Regeln, Kodices, Fachwörter, Stile, Sprache, und man trifft sie heute auch mal auf Seiten wie Spiegel.de an. Wie dem auch sei: verarmende Anglizismen bezeichnen Begriffe, für die wir selbst Wörter haben.

Schließlich liegen zwischen den bereichernden und verarmenden die differenzierenden Anglizismen, das sind all jene, die etwas beschreiben, was man auch mit eigenen Wörtern beschreiben könnte, manchmal einfacher, manchmal schwieriger. Allgemein sind sie nicht notwendig, sie sind aber weder eindeutig verarmend noch eindeutig bereichernd.

Daß Anglizismen einen Begriff, meinetwegen auch Konzept, passender beschreiben, verkennt also zwei Dinge: erstens nämlich, daß sich Sprachen wandeln müssen, indem man aus ihnen neue Wörter schöpft und vorhandene Wörter in ihrer Bedeutung erweitert; und zweitens, daß der Großteil aller Anglizismen eben gerade nicht bereichernd, sondern verarmend ist.

Auch Denglisch - in welcher Variante auch immer - soll keine Weltsprache sein oder außerhalb bestimmter Gruppen verstanden werden – das macht es aber nicht besser oder schlechter als andere sprachliche Erscheinungen, denn wer es verstehen soll, versteht es auch.
Das unterstellt, daß Denglisch verstanden werden soll. Das kann so sein – nur das Gegenteil kann ebenso zutreffen. Gerade in Werbung, in Verträgen, in Ansprachen liegt das Ziel nämlich oftmals darin, zu verschleiern, Nichtigkeiten zu verbergen und einfache Dinge hochtrabend und kompliziert auszudrücken. Das zweite Mittel, das verwandt wird, um dieses Ziel zu erreichen, sind Fremdwörter. Auch hier gibt es eine Grenze zwischen notwendig, sinnvoll, zielgruppenorientiert und dem Zuviel, der Verschleierung und Irreführung. Herauszufinden, was denn nun die schlimmste sprachliche Erscheinung ist, ist nicht meine Absicht.

(*1) Das nicht ganz, denn tatsächlich setzt die Sprache grenzen dafür, was wir denken.
(*2) Sicherlich gibt es verschiedene Einschätzungen, die genaue Zahl, seien es nun 70, 80 oder 90 Prozent, ist hier nicht bedeutsam.

@Joy:
Es kann sein, daß fighten eine Modeerscheinung ist. Weit verbreitet ist es nicht, es wird nur in bestimmten Jargons verwendet, und wie oben schon erklärt: über Einzelfälle muß man sich nicht aufregen.

This message was edited 1 time. Last update was at 10/01/2012 22:11:54

Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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Gretchen0910 wrote:Technik hat, wie viele andere Bereiche auch, eine Fachsprache mit einer entsprechenden Terminologie.
Das stimmt, aber es gilt hier nichts anderes: Möchte man die eigene Sprache lebendig halten, dann gilt es, eine eigene Fachsprache zu erstellen. Das ist eigentlich für jedes wissenschaftliche Arbeiten natürlich, denn Begriffe müssen dabei exakt definiert und exakt verwendet werden

Erweitert man die eigene Muttersprache nicht, schafft man keine eigene Fachsprache, dann kann man sie nicht mehr verwenden, um die Dinge auf der Welt mit ihr zu bezeichnen, erst wenige, dann mehr und mehr. Das ist eine Spirale, die sich zunehmend schneller dreht.

Von der Politik wird diese Spirale bereits ganz enorm beschleunigt. An Hochschulen müssen viele Abschlußarbeiten etwa auf Englisch verfaßt werden, und die Deutsche Forschungsgemeinschaft nimmt Anträge grundsätzlich nur noch in Englisch entgegegen. Das ist aktiv geförderter Sprachtot.

Solche Vorgänge sind immer schleichend, und sie bleiben von denen unerkannt, die sich nicht mit diesem Thema beschäftigen. Ihre Auswirkungen sind noch dazu meist erst eine Generation später offensichtlich.

Doch wieder zurück zur Fachsprach. Sie ist unerläßlich, sie ist gerne aber auch Mittel, um sich abzugrenzen, um „Normalmenschen“ abzuhalten, um sich zu erhöhen oder in pseudowissenschaftlichen Arbeiten in fürchterlichem Blabla der Trivialität zu frönen. Es gibt ganze Studienfächer, die bestehen aus nicht viel mehr, als eine Verschlüsselung und einen Fachwortschatz zu erlernen, mit dem sich Substanzloses (vermeintlich) beeindruckend beschreiben läßt.

Man sollte Fachsprachen also nicht bloß als notwendig erachten, sie sind auch Schein, Übel und Unnutz. Nicht gleichzeitig, aber sie können beides sein. Oftmals sollte über der Fachsprache die Verständlichkeit stehen, und Fachsprache sollte auch nicht aus dem Fach herausgetragen werden.

Eine kleine abschließende Geschichte:
Ich war einmal bei einem Augenarzt – ich weiß gar nicht mehr, weswegen, es ist lange her –, der erklärte mir den Befund mit vielen Fachbegriffen. Nun hatte ich auch einige Semester Psychologie studiert, darunter auch Wahrnehmung, und konnte mit den meisten Fachbegriffen etwas anfangen, aber als Frechheit empfand ich das dennoch, denn er mußte davon ausgehen, daß das seine Patienten nicht verstehen. Viele Menschen eines Faches sind schlichtweg blind gegenüber Menschen, die nicht aus ihrem Fach sind, und sie sind so sehr in ihrer Fachsprache gefangen, daß sie nicht einmal sehen, daß es notwendig ist, etwas auch ohne diese Fachsprache, wenngleich vereinfacht erklären zu müssen.
Gretchen0910

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Beigetreten: 17/11/2011 16:29:32
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Meine Aussage bezüglich Coolness-Faktor und passender beschriebener Konzepte bezog sich auf Sprachformen wie Denglisch und Spanglish. Da diese Aussage auch in dem Kontext steht und nicht so isoliert wie im letzten Beitrag zitiert, würde ich Lesern unterstellen, dass sie sie auch so verstehen. Daher muss ich hier nachfragen:

Ausreden? Ehrlich? All die gelesenen Studien und Gespräche mit Professoren und Hispano-Amerikanern waren durchzogen von dieser Ausrede? Für diese als Fakt dargestellte Behauptung hätte ich ganz gerne einen Beweis.

Natürlich kann mit aus anderen Sprachen geborgten Worten in anderen Kontexten auch ein anderes Ziel verfolgt werden. Dem wurde von mir in keinster Weise widersprochen.

Beim umgangssprachlichen Denglisch/Spanglish zwischen zwei Parteien, wird jedoch sehr wohl ein Verständnis auf beiden Seiten vorausgesetzt und nichts verschleiert. Zum Zwecke eines beidseitigen Verständnisses, muss daher auch kein neuer Begriff erfunden oder ein bereits vorhandener erweitert werden.

Gretchen0910

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Beigetreten: 17/11/2011 16:29:32
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Eine universelle Fachsprache oder das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten auf Englisch hat durchaus einen Sinn: Sie ist nicht auf den deutschen Sprachraum begrenzt und erleichtert einen schnellen Austausch mit anderen Wissenschaftlern dieses Bereichs - weltweit.

Zumindest in den naturwissenschaftlichen Bereichen dürften sich wohl nur äußerst wenige dafür interessieren, inwieweit sich das auf die eigene Sprache auswirkt. Und ehrlich, ich bevorzuge einen Mediziner, der über die neuesten Forschungsergebnisse und Heilmethoden informiert ist, auch wenn er dafür angeblich den Sprachtot vorantreibt.

Natürlich kann es als Frechheit empfunden werden, wenn Fachausdrücke zur Ausgrenzung genutzt werden. Letztendlich ist Ausgrenzung jedoch Teil einer jeden Gruppenidentität. Im Fall Arzt-Patient ist Unverständnis mit Sicherheit kein Einzelfall und auch Nachfragen hilft nicht immer weiter. Das dürfte und sollte so nicht sein (ebenso wie bei der Kombination Lehrer-Schüler), liegt aber wohl eher an der Persönlichkeit und Kompetenz des individuellen Mediziners oder Fachlehrers, als an der Fachsprache an sich.
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
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Ausreden? Ehrlich? All die gelesenen Studien und Gespräche mit Professoren und Hispano-Amerikanern waren durchzogen von dieser Ausrede? Für diese als Fakt dargestellte Behauptung hätte ich ganz gerne einen Beweis.
Wenn es mir darum ginge, das Thema in seiner ganzen Breite umfassende darzulegen, schriebe ich ein Buch. Bitte entschuldige die mittelbare Aussprache, aber der Wunsch nach einem Beweis ist naiv; doch Du darfst mir gerne zeigen, wie man aus den eigenen Meinungen, den Erfahrungen, dem Wissen einen Beweis formt, ja wie man überhaupt beim Sprachgebrauch von Beweisen sprechen kann, wo es ja doch zwar viele Untersuchungen, viele Beobachtungen, viele Ergebnisse gibt, eben auch Argumente, aber eben keine Beweise; ansonst könnte man sich jegliche Diskussion sparen. Ein solcher Beweis ist nicht erbringbar – aber das weißt Du wohl selbst, sonst hättest Du Beweise angebracht, statt sie von mir zu fordern.

Ich könnte mich nun zwar auf die Suche begeben und aus all den Büchern, Zeitungsartikeln, Diskussionen, Sendungen über Anglizismen, Lehnwörter, Fremdwörter, Purismus Zitate sammeln, in denen argumentiert wurde, übernommene fremdsprachliche Wörter werden Begriffe besser beschreiben, doch ich schlage vor, daß Du Dich bei Interesse selbst mit diesem Thema beschäftigst und Deine eigenen Schlüsse ziehst. Einen Order, in dem ich alles griffbereit habe und aus dem ich nach Belieben zitieren und verweisen kann, pflege ich nicht.

Und doch lieferte ich zwei Argumente im Falle der Anglizismen: einerseits nämlich, daß achtzig Prozent der Anglizismen verarmend sind, also das Gegenteil von bereichernden Anglizismen, welche in der Tat Begriffe bezeichnen, für die es kein deutsches Wort gibt; und andererseits, daß die Übernahme von Anglizismen gerade kein Kind der Vernunft ist. Vielmehr werden sie kopiert – ich brachte hier etwa das Beispiel mit der Presseagentur – oder werden instrumentalisiert, zum Beispiel in der Werbung. Heutzutage setzen wenige die Sprache vor, und viele übernehmen sie und plappern nach; mit dem Aufstieg der Massenmedien kehrte sich auch die Pyramide der Sprachschaffenden um, die Sprache entwickelt sich maßgeblich von oben herab. (Interessanterweise könnte es mit dem Interet auch dazu eine Gegenbewegung geben, denn gleichzeitig vervielfältigt sich die Kommunikation.)

Einen aktuellen Anglizismenindex findet Du beispielsweise beim IFB Verlag Deutsche Sprache (Der Anglizismenindex, Ausgabe 2011) oder beim VDS:
http://www.vds-ev.de/einordnung-und-statistik

Man kann sich fragen, ob der VDS denn in der Lage ist, einen objektiven Anglizismenindex zu erstellen. Für Geocaching das Wort moderne Schatzsuche vorzuschlagen, ist ungeschickt, im großen und ganzen ist die Einordnung aber recht gut, und wie ich schon schrieb, geht es hier um Größenordnungen, nicht um unumstößliche und exakte Zahlen. Falls Du Indizes kennst, die die Einordnung umkehren kannst, Du mich gerne darauf verweisen.

Von welchen Studien und Gesprächen Du schreibst, weiß ich nicht, dazu kann ich mich also nicht äußern. Dir wird aufgefallen sein, daß ich auch nichts über Spanglisch schrieb, und der Grund ist denkbar einfach: ich befaßte mich gründlich mit Anglizismen im Deutschen, auch mit Denglisch, nicht aber mit Spanglisch. Ich spreche kein Spanisch, schon gar nicht – was für eine Beurteilung notwendig wäre – auf einem hohen Niveau; mir ist die spanische Sprachkultur unbekannt. Sehr wohl weiß ich allerdings, daß gute Englischkenntnisse in Spanien nicht weitverbreitet sind; Spanisch selbst ist jedoch eine Weltsprache und ist nicht auf Spanien begrenzt.

Beim umgangssprachlichen Denglisch/Spanglish zwischen zwei Parteien, wird jedoch sehr wohl ein Verständnis auf beiden Seiten vorausgesetzt und nichts verschleiert. Zum Zwecke eines beidseitigen Verständnisses, muss daher auch kein neuer Begriff erfunden oder ein bereits vorhandener erweitert werden.
Kommunikation findet immer zwischen zwei Parteien statt, nennt man sie nun Parteien, Sender und Empfänger oder Informationsquelle und Informationssenke. Verschleierung gab es schon immer, gerne und häufig mit Fremdwörtern, mit Anglizismen, über den Satzbau, die Grammatik, vermittels Euphemismen, Umdeutung und so weiter. Es gibt sie in der Werbung, in Geschäftsgesprächen, in der Politik, in Diktaturen.

Wie man meinen kann, daß man keine neuen Begriffe erfinden müsse – es tut mir leid, ich verstehe das nicht. Neue Begriffe müssen nicht erfunden werden, Wörter aber, die sie bezeichnen, braucht man sehr wohl, und es gibt nur drei Mittel, neue Begriffe zu beschreiben: neue Wörter, Bedeutungserweiterung und Umschreibung. Sie braucht man immer, immer, immer.

Eine universelle Fachsprache oder das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten auf Englisch hat durchaus einen Sinn: Sie ist nicht auf den deutschen Sprachraum begrenzt und erleichtert einen schnellen Austausch mit anderen Wissenschaftlern dieses Bereichs - weltweit.
Hinter dieser Meinung erkenne ich drei Ansichten. Die eine, daß globale Gleichmacherei erstrebenswert sei und man in einer Sprache die Welt beschreiben könne. Interessanterweise kannst Du in der Psycholinguistik tatsächlich anerkannte Untersuchungen finden, die dem widersprechen, soll heißen: Sprache formt das Denken, die Kognition, das Verständnis der Welt; Sprache beeinflußt die Wahrnehmung.

Die andere Ansicht, daß alle Wissenschaftler in der Lage seien, differenzierend und exakt, also möglichst auf muttersprachlichem Niveau im Englischen zu denken und sich im Englischen auszudrücken. Das ist schlechterdings nicht der Fall, tatsächlich haben Muttersprachler hier einen enormen Vorteil, was nicht zu einer Gleichmacherei führt und Wissenschaft auf eine höhere Ebene stellt, sondern verzerrt. Viele Fehler gehen nicht auf Denkfehler in der Logik, sondern auf Mißverständnisse zurück. Porsche zum Beispiel pflegte deswegen – ausdrücklich deswegen – den Gebrauch der deutschen Sprache innerhalb Deutschlands, um Mißverständnisse in der Forschung und Produktion zu minimieren.

Englisch ist keine Lingua franca; schlechtes Englisch ist Lingua franca. Diesen provokanten Satz gibt es nicht ohne Grund. Fremdsprachliches Englisch hat oftmals mehr mit Welthilfssprachen wie Basic English oder Simple English zu tun als mit britischem oder amerikanischem Englisch.

Dritten steckt dahinter die Ansicht, der ich seit jeher widerspreche, denn: Forschung wird oftmals von Steuern finanziert, und daher hat sie die Pflicht, Ergebnisse öffentlich zu machen, und zwar in verständlicher Weise, also in der Landessprache. Sigmund Freud könnte man hier als herausragendes Beispiel anbringen, er schuf viele Wörter, die er zur Beschreibung seiner Thesen, namentlich der Psychoanalyse benötigte. Heutzutage aber findet ein Ausverkauf der Sprache statt, die einerseits teuer finanziert wird als auch teuer zu stehen kommt; sie verlagert den Wettbewerbsvorteil vor allem nach Amerika. Sobald es um wirklich genaue Beschreibungen geht, wird dann auch doch wieder bloß auf Übersetzungsagenturen zurückgegriffen.

Du kannst Dich sicherlich noch an die Aufforderung im Europäische Parlament erinnern, daß jeder Sprecher doch bitte, bitte in seiner Muttersprache sprechen solle, weil so viele Vorträge schlecht verständlich, zu ungenau und fürchterlich anzuhören waren. Ausdrücklich wurde auch hier auf die professionellen Übersetzer verwiesen. Gerade auch in der Diplomatie sind sprachliche Feinheiten sehr bedeutsam. Wenn man gute, sichere Sprachkenntnisse hat, ist das gut, auf anbiedernde oder anerkennungsheischende Radebrecherei sollte man verzichten, in der Diplomantie ebenso wie in der Wissenschaft.

Für die internationale Kommunikation Englisch zu verwenden (oder Hochchinesisch in Asien), dagegen spricht wenig. Als Wissenschaftler Fachbegriffe in der eigenen Muttersprache zu kennen und sich im Englischen austauschen zu können, das sollte heute als normal angesehen werden.

This message was edited 3 times. Last update was at 13/01/2012 00:09:38

 
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