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Treffpunkt Konjugation

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Index » wortwörtlich » Mehr Mehrzahl
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Netzverb

Normal
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Beigetreten: 07/05/2009 20:06:38
Beiträge: 77
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Gesicht, das; -(e)s, Gesichter od. Gesichte

Angesichts der Tatsache, dass man den Plural 'Gesichte'
vergleichsweise selten zu Gesicht bekommt, ist dieser wohl
auch der ungewöhnlichere von beiden. Er wird immer dann
verwendet, wenn man 'Gesicht' im Sinne von Erscheinung, Vision
gebraucht: "triumphierend erzählte sie, sie habe wieder eines
ihrer Gesichte gehabt" (Feuchtwanger).
'Gesichter' ist die Mehrzahl in der Bedeutung Antlitz, Angesicht,
Miene, Aussehen: mit strahlenden Gesichtern (Mienen); lauter fremde
Gesichter (Menschen); sonnengebräunte Gesichter (Teil des Kopfes).
Gänzlich ohne Plural steht 'Gesicht' in der Verwendung Sehvermögen,
Augenlicht.

Abschließend noch etwas Sinnreiches von Hermann Hesse:
"Wie alt man selber ist, erkennt man an den Gesichtern derer, die
wir jung gekannt haben."
Netzverb

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Beigetreten: 07/05/2009 20:06:38
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Ding, das; -es, Dinge od. Dinger

Nehmt euch in acht!
Ist es vollbracht,
Dann gute Nacht’
Ihr armen, armen Dinger!
(Goethe: Faust)

Was meint Mephisto wohl, wenn er von "Dingern" spricht?
Von einer Sache oder einem Gegenstand - also
einem Ding - kann hier jedenfalls keine Rede sein.
Dessen Mehrzahl lautet nämlich 'Dinge'. Man urteilt also
nach Lage der Dinge und manchmal steht auch jemand über den
Dingen.
Es kann sich also nur um eine andere Bedeutung von Ding handeln.
Umgangsprachlich bezeichnet man mit Ding auch Mädchen, seltener
Kinder. Der Plural hiervon ist – na? – richtig! Dinger. Mephistopheles
spricht also von „armen, armen Mädchen“. Lassen wir ihn aber erst
einmal ausreden.

Habt ihr euch lieb,
Tut keinem Dieb
Nur nichts zulieb
Als mit dem Ring am Finger.

Ferner stößt man in der Umgangssprache auch noch auf „ein paar alte
Dinger“, also unbedeutende Sachen. Und wer vor Gericht landet,
hat meistens ein oder mehrere „krumme Dinger“ gedreht. Ob letzteres
mit dem Ursprung des Wortes Ding zusammenhängt, wage ich nicht zu
beantworten. Fest steht jedenfalls, dass Ding anfänglich die
germanische Gerichtsversammlung betitelte, welche bis heute noch in
der Form „Thing“ fortlebt.
Netzverb

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Beigetreten: 07/05/2009 20:06:38
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Bau, der; -[e]s, Bauten od. Baue

Ein Industriebau - mehrere Industrie...? Gewitzte mögen jetzt
antworten: mehrere Industriegebäude; und im Grunde haben sie damit
sogar recht. Gesucht war zwar eigentlich die Mehrzahl 'Industriebauten',
aber die leitet sich vom alten Kanzleiwort 'Baute' ab, welcher seinerzeit
für 'Gebäude' stand.
Wir können also festhalten: 'Bauten' wird immer im Sinne von Bauwerke,
Gebäude verwendet: historische Bauten; Neu-, Pracht-, Großbauten.
Währendem steht der Plural 'Baue' für Erdwohnungen von Tieren: Fuchs-,
Biber-, Dachsbaue. Und auch Löcher, die Bergleute in die Erde graben,
werden als 'Baue' bezeichnet: Gruben-, Tagebaue.
Netzverb

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Beigetreten: 07/05/2009 20:06:38
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Mutter, die; -, Mütter od. Muttern

Wer weiß, was jährlich am 2. Sonntag im März begangen wird?
Genau - der Muttertag; und das schon seit 1923. Und wem zu Ehren
ist dieser Muttertag? Natürlich unserer 'Mütter' – oder
doch vielleicht unserer 'Muttern'? Nein - natürlich nicht! Bei Muttern
handelt es sich um Teile von Schrauben und bei Mütter tatsächlich um
die Personen, die uns geboren und/oder aufgezogen haben. Aber gar so
fremd sind sich beide nicht. Der technische Begriff 'Mutter' hat seinen
Ursprung im übertragenen Sinne. Denn die Mutter umschließt die Schraube,
genau wie die Gebärmutter oder später der Mutterschoß uns umschlossen hat.

Wer jetzt folgert, dass "das Futtern wie bei Muttern" etwas mit Gewinde zu
tun hat, den muss ich leider enttäuschen. 'Bei Muttern' steht umgangssprachlich
für 'zu Hause', also dort, wo man meistens bemuttert wird.
Netzverb

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Beigetreten: 07/05/2009 20:06:38
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Wort, das; -es, Wörter oder Worte

Vorab der Leitspruch von wortwoertlich, wie er auf
www.diaware.de zu finden ist:

"Words are, of course, the most powerful drug used
by mankind." Joseph Rudyard Kipling (1865 - 1936)

Wie würden Sie dieses Zitat übersetzen? „Wörter sind, ...“
oder „Worte sind, ...“? Nun, das hängt ganz davon ab, was Kipling
mit „words“ auszudrücken versuchte und wie wir als Übersetzer dies
deuten wollen.
Den Plural 'Wörter' gebraucht man immer dann, wenn es sich um das
einzelne Wort ohne direkten Zusammenhang zu anderen handelt: Das
Wörterbuch umfasst 100000 Wörter; er spricht wenige spanische Wörter.
'Worte' beziehen sich indes auf eine schriftlich oder mündlich formulierte
Äußerung, Bemerkung: einige Worte wechseln; geflügelte Worte; Dankesworte;
Machtworte; die berühmten 3 Worte (auch: 3 Wörter).

Für die Übersetzung ist sicherlich letztere Bedeutung die treffendere:
„Worte sind in der Tat die von der Menschheit genutzte mächtigste Droge“

Zum Abschluss noch eine kleine Aufgabe. Ergänzen Sie doch einmal
folgenden Satz: Der Brief enthielt mehrere ...(Wörter, Worte).

Die Antwort ist: beide sind richtig! Ohne nähere Angaben zum Inhalt
kann der Brief mehrere Wörter wie auch mehrere Worte enthalten.
 
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