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Treffpunkt Konjugation

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Index » Grammatik » Wann ist Verb ein Verb?
Autor Beitrag
Anrheiner

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Beigetreten: 26/06/2010 18:38:22
Beiträge: 52
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Neulich in der Bahn belauschte ich folgendes Gespräch, bzw. die Hälfte davon, da es sich um eine Konversation über das Mobiltelefon handelte (obwohl der Junge so schrie, als meinte er den Fahrer am anderen Ende des Zuges):

O-Ton:

"Hallo Alter!"

"Ich Bahn! Du?"

"Machts Du Abend?"

"Ich? Ich geh komasaufen!"

Ab gesehen, dass jetzt nur noch ein "schwörre voll krass ey!" gefehlt hätte, ist für mich der Terminus "Komasaufen" (ausdrücklich nur grammatikalisch) interessant. Worum handelt es sich da?
Er verwendet das Wort ja wie im Satz "Ich geh spielen", wobei spielen ja ein Verb ist. Hätte er gesagt "ich gehe zum Komasaufen/ Spielen" wäre es klar gewesen, dass es sich um ein Substantiv und in der Satzkonstruktion um ein Objekt handelt, so aber gerät das "gehen" in die Rolle eines Hilfsverbs.
Was mich nun völlig kirre macht ist die Endung auf "en", also der Grundform eines Verbs.

Also: Weiß jemand, wie das genau aussieht?

This message was edited 1 time. Last update was at 25/07/2010 22:22:06


"Es stimmt: Eine Grille arbeitet nicht. Aber eine Ameise kann auch nicht singen."
Unbekannt
aus: Eduardo Galeano: Die Füße nach Oben
Tina

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Beigetreten: 14/07/2010 00:31:40
Beiträge: 53
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Hallo und Schönen Guten Tag lieber Anrheiner,

nun, auch wenn es mir lieber wäre die Jugendlichen heutzutage (oweh, ich klinge wie die greusslichen, äh, gräusslichen Erwachsenen während meiner Jugend) würden zum Eisessen gehen anstatt zum Komasaufen, so sehe ich doch keine grammatikalische Grausamkeit in dem, wenn auch nicht nachvollziehbaren, Vorhaben des Jugendlichen.

Momentan wird ja überlegt, ob die Biersteuer erhöht wird, damit das leidige Thema "Komasaufen" als auch die Kosten für das Gesundheitssystem als Nachwehen des Alkoholismus in den Griff gebracht werden können.

... in der Hoffnung somit das Thema "Komasaufen" auf wunderliche Art und Weise vom Tisch zu bekommen.

Ursache und Wirkung... welch grausames Spiel der Gesellschaft

Ich wünsche Euch einen guten Samstag,
Lieben Gruß
Tina

anitram

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Beigetreten: 03/08/2010 19:57:42
Beiträge: 4
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Für mich ist "Komasaufen" zuerst ein Nomen; im Satz steht es als adverbiale Bestimmung.

Da wir allerdings das Verb "saufen" haben, tut es meinen Ohren nicht weh, die Form "komasaufen" als Infinitiv eines zusammengesetzten Verbs aufzufassen.

Ein Verb drückt eine Tätigkeit oder einen Zustand aus. Das "Komasaufen" ist ein näher bezeichnetes Saufen; also der substantivierte Infinitiv.

Konjugieren kann man es allerdings nicht, ohne es zu zerlegen.

Mir fällt als Analogbeispiel: "Fliegenfischen" ein.
minihoernchen

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Beigetreten: 04/08/2010 11:24:00
Beiträge: 27
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Auf Grund des gesamten (Halb-)Gesprächs würde ich eher vermuten, dass es sich um das Substantiv „Komasaufen“ handelt. Schließlich ist der Konversationsstil sehr elliptisch. Im Rahmen von dem, was Linguisten gerne „Sprachökonomie bei Jugendlichen“ nennen, werden nur die relevanten Satzglieder ausgesprochen, alles Offensichtliche wird weggelassen. Obwohl ihr andern wahrscheinlich, genauso wie ich, beim ersten Lesen schreiend und stöhnend vor euren Rechner saßt, haben wir alle verstanden, was der junge Mann seinem Freund mitteilen wollte.
Um also zur Satzanalyse zurückzukehren, würde ich es als Ellipse des Satzes „Ich gehe zum Komasaufen“ sehen und damit wäre es ein Substantiv, das hier als Lokaladverbiale vorliegt.
Hans Hansen

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Beigetreten: 13/12/2010 17:21:43
Beiträge: 50
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Ich bin da eher der Meinung, daß es sich bei komasaufen in diesem Satz eindeutig im ein Verb handelt. Zumindest ist dies die Hoffnung, die ich hege. In dem ganzen Gespräch ist "Ich geh komasaufen!" der einzig vollständige Satz, der sich, vom Inhalt mal abgesehen, auch noch nach einem Satz anhört, und nicht nach ein paar, auf den ersten Blick, sinnlos aneinander gereihten Wörtern. So möchte ich mir nicht meine Illusion nehmen lassen, daß Jugendliche vereinzelt doch noch in der Lage sind ganze sinnhafte Sätze zu bilden und auch auszusprechen. Aber dieses wird dann wahrscheinlich am Abend des Komasaufens auch vorbei gewesen sein.
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Ich sehe es auch entweder als Hauptwort in einem grammatisch falschen Satz – den minihoernchen ja noch so wohlwollend als elliptisch bezeichnet – oder als Verbindung zweier Verben, so wie auch: fallen lassen, schwimmen gehen, lesen lernen.

This message was edited 1 time. Last update was at 20/01/2011 21:38:37

Miraculix1967

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Beigetreten: 23/03/2011 08:39:11
Beiträge: 53
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Ich habe mal die ganzen Beiträge zu diesem Thema gelesen und möchte hier mal meinen Senf dazu geben.

Also, es gibt ja bestimmte Arten von Verben, die völlig alleine stehen können, die sog. Vollverben. Dann gibt es eben welche, die nicht alleine stehen können, sondern sog. Hilfsverben benötigen, damit es einen Sinn ergibt. Als Beispiel nenne hierzu mal das Verb spazieren: Man sagt ja nicht: "Ich spaziere", sondern "Ich gehe spazieren".

Obwohl das Verb Komasaufen ein neumodisches, zusammengesetztes Verb aus einem Substantiv und einem Verb ist - analog zu Fußballspielen - kann es offenbar ohne Hilfsverb nicht auskommen (was bei Fußballspielen ja geht). Denn wenn ich sage: "Ich komasaufe" klingt es genauso holprig wie "Ich saufe Koma". Die Stellung dieses Verbes alleine ergibt keinen Sinn und das Trennen in Substantiv und Verb schon gar nicht. Nimmt man allerdings "gehen" als Hilfsverb hinzu, das erhält das Ganze einen Sinn. Oder wie seht ihr das?

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.
Kathi67

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Beigetreten: 18/04/2011 08:37:26
Beiträge: 61
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Hallo Miraculix1967,

deine Erklärung klingt plausibel, obwohl ich vermute, dass „komasaufen“ in dem angeführten Satz tatsächlich als Nomen eingesetzt wurde.

Allerdings kann ich beim Verb „spazieren“ nicht ganz zustimmen. In Österreich sagt man sehr wohl „Ich spaziere durch die Allee“, „Ich spaziere am Fluss entlang“. In diesen Fällen gibt es also kein zweites Verb, wohl aber eine genauere Bestimmung des Verbs durch die Ortsergänzung. – Und bevor jetzt jemand meint, Österreichisch sei einfach „nur“ ein Dialekt und hätte mit Deutsch nichts tun: In meinem Duden Stilwörterbuch steht, dass man es so verwenden darf .

Laut meinem Duden Bedeutungswörterbuch bedeutet „spazieren“ „langsam, ohne Eile [und ohne ein bestimmtes Ziel zu haben] gehen“.

Liebe Grüße
Kathi
konsj

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Beigetreten: 02/03/2012 08:54:54
Beiträge: 50
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Das Komasaufen ist ein Kompositum. Es ist konstituiert aus Koma und saufen. Koma wird hier wohl in seiner medizinischen Bedeutung verwendet. Es heißt dann soviel wie tiefe Bewußtlosigkeit. Saufen wird umgangsprachlich verwendet. Es geht wohl um den massenhaften Konsum von Alkohol. Oder auch nur um den Konsum sehr hochprozentigen Alkohols. Den kann man sich auf verschiedene Weisen digestigieren. Mit dem Verb gehen ist wohl eine laszive Umgangsweise gemeint. Eine Weise die freiwilliges Vorgehen anspielt und recht aktiv aufgefasst wird. Geh ist auch die Imperativform. Es kann aber wohl davon ausgegangen werden, das die Variante gehen lassen in veränderte Form verwendet wird. Dabei kommt die Version mit der kompletten Zusammenschreibung ins Blickfeld, wegen der übertragenen Bedeutung. Der Duden bietet die Interpretation sich vernachlässigen, sich zwanglos verhalten.

Richtlinie kann die empirische Darstellung des Duden Richtiges und gutes Deutsch sein: Im Allgemeinen ging diese Zusammenrückung einher mit der Entwicklung einer neuen Funktion oder eines neuen Begriffs. Das so entstandene Kompositum begann dann in den meisten Fällen ein eigenes Leben als Einzelwort. ...

Koma kann aber auch in Anlehnung an die optische Bedeutung aufgefasst werden. Die betrinken bis man nicht mehr richtig oder verschwommen sieht.
 
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