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Treffpunkt Konjugation

Das Forum für die deutsche Sprache

Index » Sonstiges » Sprachkultur als Ort der "Multikultur"
Autor Beitrag
Anrheiner

Normal

Beigetreten: 26/06/2010 18:38:22
Beiträge: 52
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Guten Abend alle miteinander,

es ist merkwürdig. Ich lese in Medien und von Fachleuten vom Herabsinken des Kulturgutes Sprache, von Anglizismen, von Sprachpanschereien. Zugleich regt sich in mir Widerstand. Denn wenn ich mir die Reihe der großen Genien anschaue, von denen wir heute mit Recht sagen, dass sind die Leute, die die deutsche Sprache geprägt haben und zum Teil immer noch prägen, so fällt mir auf, dass viele dieser Leute eben aus einem ganz bestimmten Lebenshorizont schöpften, der eben zum Teil auch durch Zuwanderung und kulturelle Ausgrenzung geprägt war.

Heinrich Heine litt fürchterlich unter dem Bewusstsein weder völlig Jude sein zu wollen, noch "Deutscher" sein zu können - ein Konflikt der in dem Gedicht "Donna Clara" klar zum Ausdruck kommt (eine Begebenheit, von der Heine sagt sie habe sich zwischen ihm und einer Baroness genauso zugetragen).

Theodor Fontane stammte aus hugenottischer Familie

Von Franz Kafka's Identitätskrisen, direkt als Sohn, indirekt als Jude zeugt der "Brief an den Vater"

Diese Reihe könnte man über Lessing und andere noch lange fortsetzen.

Von den Sprachvermischungen und Sprachbildungen von der Völkerwanderungszeit bis ins späte Mittelalter, als das Latein als herrschende Sprache der Kultur langsam in Frage gestellt wurde kann man nur begrenzt sprechen - da man eben abgesehen von zusehends schlechter werdenden lateinischen Grabinschriften kaum etwas weiß.

Auch heute sind in Deutschland Schriftsteller und Lyriker nicht nur "Deutscher" Abstammung (es ist doof das so zu schreiben, denn wer einen deutschen Pass hat und Deutsch spricht, wie ein Deutscher, der IST Deutscher), die das Sprachempfinden tragen, entwickeln und prägen:
Leute wie:
- Feridun Zaimoglu
- SAID (Ex-Vorsitzender des deutschen Pen-Klubs)
- Khalid Al Maaly (der auch auf Arabisch schreibt und übersetzt)
- Kemal Kurt (der es posthum als Deutscher Schriftsteller mittlerweile sogar an amerikanische Universitäten geschafft hat)
und eine ganze Reihe mehr beinflussen die Deutsche Sprache und bereichern sie, halten sie lebendig.

Ja, ich würde sogar soweit gehen zu sagen, ohne solche neuen Einflüsse - seien sie durch kulturellen Einfluss von außen, oder einfach durch die Bedeutung eines Mitglieds einer Gesellschaft mit einer anderen Lebenswirklichkeit - drohte dem Deutschen das Schicksal des Lateinischen.

This message was edited 1 time. Last update was at 29/07/2010 00:13:04


"Es stimmt: Eine Grille arbeitet nicht. Aber eine Ameise kann auch nicht singen."
Unbekannt
aus: Eduardo Galeano: Die Füße nach Oben
AnderAgger

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Beigetreten: 30/07/2010 14:34:14
Beiträge: 43
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Da kann man geteilter Meinung sein!

Ich habe einige deutsche Schriftstellerinnen mit ausländischen Wurzeln gelesen und fand ihr Sprachverhalten sehr laut und sehr aufdringlich; mit gedruckten Kraftausdrücken, die sie im wahren Leben und innerhalb ihrer patriarchalisch geprägten Gesellschaft niemals anbringen würden. Obwohl die Bücher vom Inhalt her durchaus ihre Existenzberechtigung haben!

Zu männlichen Schriftstellern mit ausländischen Wurzeln kann ich nichts sagen, da nie gelesen.
[WWW]
straalster

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Beigetreten: 08/08/2010 17:59:05
Beiträge: 58
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Ich sehe das ähnlich wie Anrheiner. Die Behauptungen die deutsche Sprache würde sich durch Fremdeinflüsse verzerren, minderwertiger werden usw. nehmen kein Ende. Dennoch fällt bei einem diachronischen Blick auf: Wandlung und Fremdeinflüsse gab es immer und wird es immer geben. Sprache ist kein festes Gefüge, sie befindet sich stetig in Wandlung und das muss auch so sein. Wäre es nicht so würden uns schnell die Worte fehlen, um zu beschreiben was aktuell vor sich geht.

Dabei kommen diese Einflüsse seit jeher nicht nur aus der Literatur, sondern auch aus Politik, Technik und Wissenschaft.
 
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