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Index » Sonstiges » Deutsche Liedtexte
Autor Beitrag
Gretchen

Normal

Beigetreten: 23/07/2010 12:12:56
Beiträge: 14
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Hier wuerde ich gerne Ausschnitte aus deutschen Liedern sammeln, die evtl auch durch die Wortwahl oder Wortstellung auffallen. Zum beispiel das Lied "Alles kann besser werden" von Xavier Naidoo:

Alles kann besser werden
Holen wir uns den Himmel auf Erden
Alles soll besser werden
Holen wir uns den Himmel auf Erden
Alles wird besser werden
Wir holen uns den Himmel auf Erden
Und keiner muss sein Leben mehr gefährden
Einer der kostbarsten Schätze auf Erden

Ich finde es toll, wie er hier mit den Wörtern kann, soll und wird mit im Grunde dem selben Satz drei ganz unterschiedliche Dinge ausdrückt und eine Spannung aufbaut, die Geschichte weiterentwickelt.
Obwohl er also sich klanglich wiederholt, wird es nicht fad, und das nur wegen einem einzigen Wort!
Kennt ihr auch noch so besondere Texte?
Liebe Grüße
Gretchen

Normal

Beigetreten: 23/07/2010 12:12:56
Beiträge: 14
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Auch gut ist dieser Ausschnitt aus Anette Louisans "Ich will doch nur spielen":

Du willst mich für dich
Und du willst mich ganz
Doch auf dem Niveau
Macht’s mir keinen Spaß
Das füllt mich nicht aus
Ich fühl mich zu Haus
Nur zwischen den Stühlen

Die Satzstellung ist etwas komisch, findet ihr nicht? Besonders beim letzten Satz "Ich fühl mich zu Haus nur zwischen den Stühlen". Das kann man ja bei Liedern oft bemerken, dass die korrekte Satzstellung des Reimens wegen vernachlässigt wird. Habt ihr vielleicht mehr von solchen Beispielen? Ich finde es sehr interessant, vor allem weil der Sinn des Satzes ja irgendwie immer erhalten bleibt. Oder gibt es da auch Gegenbeispiele? Ich bin gespannt auf Eure Antworten.
Anrheiner

Normal

Beigetreten: 26/06/2010 18:38:22
Beiträge: 52
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Hallo Gretchen,

sorry, wenn ich Deine Begeisterung etwas ausbremsen muss, aber mir stößt Xavier Naidoo mit seiner Grammatik eher auf - erst auf den zweiten Blick ist mir dann offenbar geworden, dass Du Dich auf die "kann", "soll", "wird" Konstruktion beziehst, die ist in der Tat gut gelungen, weil sie von der Möglichkeit über die Zielsetzung zur Veränderung durch Handlung schreitet.

"Holen wir uns den Himmel auf Erden
Und keiner muss sein Leben mehr gefährden
einer der kostbarsten Schätze auf Erden."

Worauf bezieht sich was? Und vor allem, was passt wie zusammen?

Ausgehend vom letzten Satz frage ich mich: Worauf bezieht sich die Feststellung, dass etwas "einer der kostbarsten Schätze auf Erden" sei? Bezieht sich der Satz auf den Himmel auf Erden, dann ist es klar, evident und geradezu banal - denn was wäre auf Erden kostbarer als etwas, was man auf Erden erst schaffen, oder erst zur Erde bringen muss. Und da frage ich mich, ob die Texte von ihm wirklich so primitiv sind.
Alternativ könnte der Umstand, dass das Leben nicht mehr gefährdet werden muss, Gegenstand sein, da hätte er genauso sich auf den Himmel auf Erden beziehen können - denn, so wie er es schreibt ist der Umstand die Folge des Himmels auf Erden.
Ergo ist die für mich richtige Lesart, dass das Leben einer der kostbarsten Schätze auf Erden sei (was nicht stimmt, denn kann man (Menschen - oder überhaupt) Leben durch irgendetwas gleichwertig oder sogar höherwertig - das wird durch die Wendung "einer der" also "einer unter mehreren" ausdrücklich nicht ausgeschlossen - ersetzen?) die korrekte. Abgesehen von dem gerade formulierten Einwand, dass das Leben einzigartig ist und deswegen KEINESFALLS mit anderen Dingen aufgewogen werden kann, stört mich an der Grammatik folgendes:
Wenn das Leben der Schatz ist, so ist es korrekterweise einer der Schätze. Hier steht es aber im Akkusativ, das heißt, es müsste um "einen der kostbarsten Schätze" gehen, den niemand mehr gefährden müsste. Er schreibt es im Nominativ. Das heißt entweder es fehlen Worte, etwa "es" - das Leben - "ist einer der kostbarsten Schätze..." oder der Satz ist grammatikalisch falsch.

An dem Text von Annett Louisan stört mich ehrlich gesagt gar nichts, denn es sind ja drei Sätze. Handelte es sich um einen durchgehenden Satz, käme es mir merkwürdig vor.

Leider bin ich was Pop-Musik angeht nicht so bewandert, so dass ich leider nur den Refrain des "Fox Macabre" von Friedrich Holländer beitragen kann. Ich finde, dass hier durch die Wortstellung sehr gut das Drama zum Ausdruck kommt, dass Holländer seinerzeit gesehen hat und er steigert diese Dramatik bis zur bildhaften Explosion des Pulverfasses. Man beachte auch, die immer wieder auftauchende Gewöhnlichkeit (Bezug auf das alltägliche Leben) wenn das Wort "Berlin" am Anfang steht.

Berlin, dein Tänzer ist der Tod!
Berlin, halt ein, du bist in Not!
Von Streik zu Streik, von Nepp zu Nepp,
bei Mord und Nackttanz und beim Stepp,
du musst dich amüsieren ohne Unterlass!
Berlin, dein Tänzer ist der Tod!
Berlin, du wühlst mit Lust im Kot!
Halt ein! Lass sein! Und denk ein bisschen nach:
Du tanzt dir doch vom Leibe nicht die Schmach,
denn du boxt, und du jazzt, und du foxt, auf dem Pulverfass!

"Es stimmt: Eine Grille arbeitet nicht. Aber eine Ameise kann auch nicht singen."
Unbekannt
aus: Eduardo Galeano: Die Füße nach Oben
Gretchen

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Beigetreten: 23/07/2010 12:12:56
Beiträge: 14
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Versuchen wir es mal mit Texten von Phillipp Poisel, vielleicht stoßen die ja eher auf Zustimmung.
Der Text des folgenden Liedes ist sehr ansprechend. Unverbrauchte Worte, frei von Klischees und nicht an den üblichen ausschließlich auf Oberflächlichkeit zielenden Effekten orientiert (als abschreckendes Beisoiele: Sibermond oder ich+ich).

"Zu meinem Engel gebetet, für kein andres Mädchen gelacht
Tausend Stunden gewartet, hat alles nichts gebracht
Zwanzig Briefe geschrieben, bis einer gut genug war für dich
Hallo wie gehts dir? Denkst du manchmal an mich? - Manchmal

Wie sieht der Himmel aus, der jetz' über dir steht?
Dort wo die Sonne, im Sommer nicht untergeht
Wo fängt dein Himmel an, und wo hört er auf?
Wenn er weit genug reicht macht dann das Meer
zwischen uns nichts mehr aus?
Du fehlst mir, oh du fehlst mir"

Na, was haltet ihr davon?
Gretchen

Normal

Beigetreten: 23/07/2010 12:12:56
Beiträge: 14
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Hier gefällt mir die Zusammenkunft von dem eher altmodischen, wenn man das mal so ausdrücken darf, Wort "Tanzlokal" und dem eher neumodischen Wort "abgehen":

Und du kommst in das Tanzlokal
und gehst an meinem Tisch vorbei
und du schaust mich an
und du gibst mir das Signal
und wir lieben uns wie wir das wollen
egal was sich die Leute sagen
was sie sich für Fragen fragen
sollen die doch denken was sie wollen
sollen die doch sehen
sollen die doch sehen dass wir abgehen...

Dieses Lied ist auch von Philipp Poisel, sein Album ist generell sehr gut, er macht deutsche Musik und ich kann mir gut vorstellen, dass sich einige von Euch in manchen seiner Texte wiederfinden könnten.
juergensommer

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Beigetreten: 24/08/2010 15:45:05
Beiträge: 34
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Ich sehe das deutsche Textgut immer mit gemischten Gefühlen?! Einerseits bin ich sehr stolz, dass wir mitlerweile deutsche Interpreten haben die in der ganzen Welt anerkannt sind und außerdem sich selbst treu bleiben doch anderer seits ist es einfacher Gefühle und Ereignisse im englischen zu erzählen. Man hat dort einfach mehr Möglichkeiten etwas aus zu drücken.
Hier ein Beispiel von Nadine Beiler:

Wie lang willst du noch dort drüben stehn?
und nur ab und zu - zu mir rüber sehn
Dir ist klar, dass die Zeit vergeht
und das, was hier geschieht, was besondres ist
Drum lass den Moment nicht so einfach vorübergehn
will nur mit dir fortgehn
wünsch mir, dass du mich berührst

Nicht nur das allerlei Silben verschluckt werden es hört sich einfach komisch an?!

Wie seht Ihr das?

juergensommer

This message was edited 1 time. Last update was at 25/08/2010 17:26:18

Undine

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Beigetreten: 06/09/2010 11:25:24
Beiträge: 50
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Hallo allerseits,

ich finde folgende Liedzeilen von den "Toten Hosen" (DTH) toll:

In einer Welt, in der man nur noch lebt,
damit man täglich roboten geht,
ist die größte Aufregung, die es noch gibt,
das allabendliche Fernsehbild.
Jeder Mensch lebt wie ein Uhrwerk,
wie ein Computer programmiert,
es gibt keinen, der sich dagegen wehrt,
nur ein paar Jugendliche sind frustriert.
Wenn am Himmel die Sonne untergeht,
beginnt für die Droogs der Tag,
in kleinen Banden sammeln sie sich und gehen
gemeinsam auf die Jagd.

Hey, hey, hey, hier kommt Alex,
Vorhang auf, für seine Horrorshow,
hey, hey, hey hier kommt Alex,
Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow.

Auf dem Kreuzzug gegen die Ordnung
und die scheinbar heile Welt,
zelebrieren sie die Zerstörung, Gewalt und Brutalität. Zwanzig gegen einen bis das Blut zum Vorschein kommt, ob mit Stöcken oder Steinen,
irgendwann platzt jeder Kopf....

Das ist guter, alter Punk! Wild und groovig! Toller Text!

Gruß von
Undine
glupeyshina

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Beigetreten: 02/02/2012 14:18:25
Beiträge: 50
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Es gibt sehr viele schöne deutsche Liedtexte, sowohl alte, als auch moderne. Dabei sucht man natürlich automatisch in der Rock/Pop Ecke, bei Bands wie Juli, Rammstein, Jennifer Rostock etc. In der letzten Zeit ist mir aber aufgefallen, dass deutsche Gangstarapper, auch durchaus annehmbare Texte liefern, die manchmal sogar besser sind, als die von gewissen Schlagersängern (Stichwort: "Im Hotel Engel sind wir gebor'n, im Hotel Engel ist keiner verlor'n" von DJ Ötzi).
Eigentlich höre ich keinen deutschen Gangstarap, war aber ziemlich erstaunt, als ausgerechnet im Karibikurlaub Sido's "Mein Block" aus den Lautsprechern im Fitnesscenter quoll. Erstmal war ich schockiert, dass es ausgerechnet dieser unanständige Auswuchs auf eine internationale Bühne geschafft hat, andererseits hörte ich dann interessiert zu (weil ich eh nicht weglaufen konnte ) . Ich war positiv überrascht, dass das Lied in sehr korrektem Deutsch abgefasst war. Natürlich gibt es viele Slangausdrücke und es ist der Jugendsprache angepasst, aber es gab keine "Reim' dich oder ich fress' dich" Passagen und Sido hat außerdem einen überraschend großen Wortschatz.
Kostprobe:
Steig ein!
Steig ein!
Ich will dir was zeigen.
Der Platz an dem sich meine Leute rumtreiben:
Hohe Häuser - dicke Luft - ein paar Bäume - Menschen auf Drogen.
Hier platzen Träume.
Wir hier im Viertel kommen klar mit diesem Leben.
Ich hab alle meine Freunde aus dieser Gegend.
Hab doch keine Angst vor dem Typen mit dem Schlagring.
Er ist zwar n bisschen verrückt doch ich mag ihn.
Ich kann verstehn, dass du dich hier nicht so wohl fühlst, dass du viel lieber zu Hause im Pool wühlst.
Du sitzt lieber am gutgedeckten Tisch.
Dann merkst du schnell, Berlin ist nix für dich.
Steig ein!
Steig ein!

Für mich ist das wesentliche Argument gegen diese Art von Musik, die Lebenseinstellung die sich dahinter verbirgt. Die Texte der Gangstarapper sind von Sexismus, Klassendenken und Gewaltverherrlichung durchsetzt. Das ist auch der Hauptgrund, warum sie ihr Zielpublikum ansprechen. Andererseits muss ich bemerken, dass das korrekte Deutsch in dem sie verfasst sind auch auf das Zielpublikum wirkt und zwar positiv. Die Kinder und Jugendlichen aus meinem Block (und ich bin ohne Scherz genau in so einem Hochhaus aufgewachsen) konnten früher keine zwei Sätze bilden in denen alle Präpositionen am Platz gewesen wären und die Verben in der richtigen Reihenfolge. Als dann der Aufschwung des deutschen Gangstaraps begann hörten sie sich die Lieder permanent auf dem Handy an und *oh wunder* plötzlich erweiterte sich der Wortschatz, der, die und das fanden ihren Platz in Sätzen wieder und es wurden sogar Nebensätze gebildet.
Die Frage ist nur, ob es sich lohnt sprachliche Korrektheit damit zu erkaufen, Gewaltverherrlichende Inhalte zuzulassen...


Das Leben birgt auch gute Stunden
hab Fischaugen am Strand gefunden
werd' sie auf meine Augen nähen
kann dich dann unter Wasser sehen.
-Till Lindemann
 
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