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Treffpunkt Konjugation

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Index » Rechtschreibung » Großschreibung von Verben nach zum, am, im, vom, beim
Autor Beitrag
anmana

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Beigetreten: 12/12/2010 20:04:45
Beiträge: 80
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Hallo zusammen,

durch ein anderes Thema bin ich darauf gekommen, dass wir die Regeln, Tips und Eselsbrücken aus der Grundschule hier in das Forum zusammentragen könnten, damit sie nicht verloren gehen.
Eine dieser Regeln war, dass nach den Präpositionen zum, am, im, vom, beim die Verben, die darauf folgen, großgeschrieben werden.

Beispiele:
Er ist zum Kochen gekommen.
Er ist am Schreiben (schreibt man aber nicht).
Ich bin mitten im … dazu fällt mir gerade nichts ein.
Ich bin vom Einkaufen zurück.
Er hat mich beim Stehlen erwischt.

Fallen Euch bessere Beispiele oder sogar auch Ausnahmen ein? Mir ist gerade aufgefallen: wenn ein Substantiv dazwischen geschoben wird, wird das nächste Verb dann klein geschrieben?
Also: Er ist zum Plätzchen backen gekommen. Ist das richtig?

Viele Grüße
anmana
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Vor der Substantivierung handelt es sich um Verben, danach um Hauptwörter, und Hauptwörter werden immer gekoppelt. So heißt es auch hier das Plätzchenbacken; das ist immer so, in allen Regelwerken.

• „Er ist zum Plätzchenbacken gekommen.“

Das ist auch bei komplexen Zusammensetzungen so:
• „Beim Früher-war-alles-besser-Jammern bekam er einen Hustenanfall.“

This message was edited 2 times. Last update was at 16/01/2011 16:00:53

California

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Beigetreten: 14/02/2011 15:02:02
Beiträge: 100
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Hallo Zusammen,

"Ich bin mitten im [Gespräch]… dazu fällt mir gerade nichts ein." Mir ist aber was dazu eingefallen. Wobei das "Gespräch" schon ein Substantiv an sich ist. Bei Euren Beispielen sind es ja substantivierte Verben. Und um die geht es letztendlich. Es hört sich nicht so schön an zu sagen: "Ich bin mitten im Reden".

Ich glaube nicht, dass es Ausnahmen gibt. Nach "zum, beim, um etc." folgen stets substantivierte Verben. Aber nun eine Grundsatzfrage: Warum werden Substantive in der deutschen Rechtschreibung überhaupt groß geschrieben? Oder besser: Worin liegt der Nutzen? In der englischen Sprache werden auch Substantive klein geschrieben. Ausnahme: Wenn es sich um Namen oder Bezeichnungen handelt. Wie Monatsnamen etc.
Ich persönlich finde keinen Sinn darin.

Liebe Grüße


Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Hauptwörter sind die sinntragende Wörter, und ihre Großschreibung dient der Markierung und Strukturierung der Sätze. Warum man Sätze strukturieren möchte? Weil sie besser verständlich und besser leserlich sind, und Deutsch ist auch deswegen eine der leserlichsten Sprachen dieser Welt (mit der Staatsschreibung vermutlich nicht mehr). Obwohl es dazu zahlreiche Untersuchungen in der Psychologie und Linguistik gibt, stammt die bekannteste von ihnen, vermutlich durch die Aufmerksamkeit durch die Staatsschreibung, vom Max-Planck-Institut aus dem Jahre 1999.

Was der Vergleich zur englischen Sprache soll, verstehe ich nicht. Nur weil im Englischen Hauptwörter kleingeschrieben werden, sollen wir das auch? Und weil Chinesen keine Laute abbilden, sollen wir das auch nicht mehr? Was ist das denn für eine Argumentationsebene?

Sei’s drum: Zum einen wurde ja gezeigt, daß ein englischsprachiger Muttersprachler von der Großschreibung von Hauptwörtern profitiert, was die Leserlichkeit, die Verständlichkeit und die Behaltensleistung betrifft. Zum anderen ist die englische Sprache anders aufgebaut, so ist die Wortstellung in Sätzen weniger flexibel als im Deutschen, eine fehlende Markierung des Hauptwortes wird hier, zumindest teilweise, durch seine feste Stellung im Satz ausgeglichen. Die Hauptwörter sind im Englischen auch nicht so bedeutungstragend wie in einer „substantivierten“ Sprache wie dem Deutschen.

Anfangs war die gemäßigte Kleinschreibung auch ein Thema der Rechtschreibreform, aber vielleicht wegen des Widerstandes, vielleicht wegen der Erfahrungen der Dänen aus dem Jahre 1948, als dort die gemäßigte Kleinschreibung eingeführt wurde, ließ man diese Idee glücklicherweise wieder fallen.

Wer übrigens einmal einen Roman in konsequenter Kleinschreibung lesen möchte, der sollte sich Waffenwetter von Dietmar Dath anschauen. Er hält daneben aber noch ganz andere Tücken für den Leser bereit.
Kathi67

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Beigetreten: 18/04/2011 08:37:26
Beiträge: 61
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Hallo zusammen,

ich bin ganz deiner Meinung Wortraum, die Sätze bekommen durch Groß- und Kleinschreibung mehr Struktur und können leichter gelesen werden. Ich bekomme viele private Mails, die nur klein geschrieben sind und mir fällt das Lesen wirklich schwer.

Es ist sicherlich leichter, ohne der Groß- und Kleinschreibung zu tippen, aber das Lesen wird schwerer. Und manchmal muss man den Satz auch mehrmals lesen, um den Sinn zu verstehen. Leider fällt mir im Moment kein entsprechendes Beispiel ein , aber es gibt sie wirklich.

Die Koppelungen von Nomen mit Verb ist mal wieder etwas, das in der deutschen Rechtschreibung verwirrend ist. Eine Regel lautet nämlich, dass man Nomen und Verben getrennt schreibt: Rad fahren, Auto fahren, etc.

Liebe Grüße
Kathi
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Man kann ja normal und vernünftig schreiben, man muß nicht an die Staatsschreibung halten, die ist lediglich in Staatseinrichtungen und Ämtern auferlegt. Aber auch die Staatsschreibung enthält keine Regel, nach der man Verbindungen von Haupt- und Verb getrenntschreiben muß. Im Gegenteil: das Radfahren und das Autofahren ist auch hier die einzige richtige Schreibung; und man kann auch mit dem Rad oder dem Auto fahren.

Was man nach Staatsschreibung angeblich nicht kann, ist radfahren, so heißt es, aber das ist natürlich völliger Unfug. Inhaltlich ist es ohnehin Unfug, selbstverständlich ist in der Sprachentwicklung und mit der Tendenz zur Univerbierung radfahren richtig; gäbe es eine Regel dagegen, könnte man allenfalls über die falsche Regel nachdenken.

Die Staatsschreibung kennt aber diese Regel im Regelwerk 2006:
„§34 (3) Zusammensetzungen mit einem substantivischen ersten Bestandteil. Dabei handelt es sich um folgende Fälle, bei denen die ersten Bestandteile die Eigenschaften selbständiger Substantive weitgehend verloren haben: eislaufen, kopfstehen, leidtun, nottun, standhalten, stattfinden, stattgeben, statthaben, teilhaben, teilnehmen, wundernehmen“

Diese Regel gibt viel Spielraum. Wenn jemand radfährt, dann geht es hier aber wohl doch um die Tätigkeit, nicht um die Tatsache, daß es mit einem Rad geschieht. Und wenn man auf dem Kopf steht und dies mit dem Verb kopfstehen beschreiben kann, dann kann man, wenn man mit dem Rad fährt, schon längst radfahren dazu sagen.

In diesem Bereich gibt es aber viel Dynamik und steten Wandel und auch immer Inkonsistenz – und der Versuch, Dynamik, Wandel und Inkonsistenz abzuschaffen, führte nicht gerade zur Klarheit. Man kann radfahren, aber geht doch eher Bier trinken. Man kann kopfstehen, und Kinder stehen kopf; und man kann radfahren, aber Kinder fahren Rad . Die Schreibung kann also von Bedeutung, von Satzbau, von Verwendung der Wörter und anderen Faktoren wie der Verblassung eines Bestandteiles abhängen (§34 (3) der Staatsschreibung ist schon deswegen unvollständig).

Während beispielsweise „die Kinder fahren rad“ mit Wohlwollen noch als richtig angesehen werden kann, eben weil es das Verbkompositum radfahren gibt, so muß man „die Leute trinken bier“ als falsch zurückweisen.

Eigentlich hast Du also recht: es ist verwirrend. Das ist es aber nicht etwa aus Unklarheit – die Univerbierung und die zahlreichen Faktoren, von denen sie abhängt, gibt es seit Jahrhunderten –, es ist nicht aus Unklarheit verwirrend, sondern aus Regelwut, die jegliche Natürlichkeit und intuitive Schreibung zerstört. Regelwut kann man in zweierlei Weise verstehen: zum einen die Leute, die in ihrem Regelwerk alles regeln möchten und ein starres Betongebilde erschaffen; zum anderen die Leute, die diese starren, daher oftmals fehlerhaften Regeln über Gebühr (und über Inhalt) hinaus interpretieren und sich gar nicht mehr von der Sprache und ihrem Sprachgefühl selbst leiten lassen.

This message was edited 4 times. Last update was at 20/04/2011 13:45:58

Kathi67

Normal

Beigetreten: 18/04/2011 08:37:26
Beiträge: 61
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Hallo Wortraum,

ja, Regelwut ist wirklich ein Unding. Und Sprachgefühl geht dabei sicher verloren.

Ich hab mein aktuelles Wörterbuch in der Schule, das ich hier zu Hause habe ist noch vor der Reform der Reform herausgekommen. Aber sowohl in diesem Buch als auch in dem bereits von mir zitierten Schulbuch schreibt man „Auto fahren“, „Rad fahren“ und sogar „Eis laufen“, obwohl ich das in einem anderen Regelwerk als feststehende Wendung gesehen habe. Laut meinem Duden steht dies unter R 39, Verbindung mit einem Verb.

Was mich interessieren würde: Was verstehst du unter „Staatsschreibung“? Das klingt irgendwie so nach Diktatur und Beraubung der Freiheit.

Liebe Grüße
Kathi
Wortraum

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Beigetreten: 06/11/2010 19:47:25
Beiträge: 425
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Warum sollte die amtlichen Regelwerke denn nicht als Staatsschreibung bezeichnet werden? Es ist ein Eingriff des Staates in die Rechtschreibung, es ist nebenbei ein politisches Machtspiel mit Anfangszeiten aus der DDR. Obwohl der Staat nur Einfluß auf die staatlichen Einrichtungen nimmt, ist das faktisch über Schulen ein allgemeines Diktat. Und Freiheit ist auch genommen, wenn etwa der Rechtschreibrat unter Auflagen arbeitet, eine Rücknahme dieses oder jenes sei auszuschließen, also mit anderen Worten: ganz gleich, was die Untersuchung ergibt, das Ergebnis steht bereits fest. Daß die Arbeit an einem Reformwerk nach der Hälfte abgebrochen wird, ist beides: Diktat und Verwehrung von Freiheit.

Von mir war dieser Beiton zwar nicht beabsichtigt, wenn Du solche Dinge aber dem Wort entnehmen kannst, so ist es umso besser. Mir geht es vorrangig darum, zwei übliche Beschreibungen nicht zu verwenden:
1) Neu, weil es andere ebenso zeitlich neue Regelwerke und Wortverzeichnisse gibt (Ickler, Mackensen), weil es modernere gibt, weil die Staatsschreibung überwiegend ein gewaltsames Zurücknehmen von Sprachentwicklungen ist. Regeln wie die heysesche S-Schreibung sind ja nicht neu, sie sind über hundert Jahre alt.
2) Reform, weil eine Reform erstens etwas planvolles ist, und das ist für die Staatsschreibung schlechterdings unzutreffend. Sprachentwicklung läßt sich so einfach zudem nicht reformieren, sondern allenfalls diktieren oder leiten. Und zuletzt verbindet man mit Reform eine positive Änderung, und positiv ist bei der Staatsschreibung die Änderung weder als Prozeß noch als Ergebnis.

Neue Rechtschreibung klingt ja schon propagandistisch und fast euphemistisch, und ich bin – man hat es vielleicht schon herausgehört – zu wenig Anhänger, um derart hochjubelnd für diesen Unfug zu werben. Ganz nebenbei: es handelt sich nicht einmal um eine rechte Schreibung.

This message was edited 2 times. Last update was at 21/04/2011 20:26:12

Kathi67

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Beigetreten: 18/04/2011 08:37:26
Beiträge: 61
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Hallo Wortraum,

in Wahrheit hat mich der Ausdruck „Staatsschreibung“ sehr an die DDR erinnert, ich wollte es aber so nicht ansprechen.

Der Staat versucht immer einzugreifen und er tut dies natürlich über die Schulen. Lehrer sind nach wie vor Staatsdiener. Darin kann man Vor- und Nachteile sehen. Es kommt immer darauf an, ob man „Macht“ im rechten Sinn einsetzt.

Heute kommen natürlich auch noch die Medien dazu, die Ideen verbreiten und Meinung steuern. Umso wichtiger, dass bereits in den Schulen – wichtiger aber noch im Elternhaus – kritisches Denken vermittelt wird.

Es ist einfacher etwas durchzusetzen, wenn es staatlich verordnet wird. Mir ist letztens ein Mann (der Sprache nach kam er aus der Bundesrepublik) aufgefallen, der sich darüber aufregte, dass er bei einem Schnellschuster und Schlüsseldienst den bestellten Audi-Schlüssel gleich bei der Bestellung bezahlen sollte.

Er tat dies mit den Worten: „Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage“.

Der arme Schuster konnte sich nicht verteidigen und wahrscheinlich war er von den Worten „keine gesetzliche Grundlage“ eingeschüchtert.

In Wahrheit gibt es dafür eine „gesetzliche Grundlage“: Ein Kaufvertrag beruht auf Freiwilligkeit und ist eine übereinstimmende Willenserklärung. Vorauskasse ist nicht verboten und wenn der Kunde dies nicht möchte, kann er seinen Schlüssel jederzeit an anderer Stelle besorgen.

Gesetz ist etwas Bedrohliches, aber auch etwas Bequemes, vom Staat verordnet und wir können uns bequem zurücklehnen, weil ja alles schon geregelt ist. Es ist halt unbequem aufzustehen und zu verändern. – Jetzt bin ich aber schon zu weit von der „Staatsschreibung“ abgekommen und mir fällt gerade ein, dass die Schweiz auch daran beteiligt ist und die Schweizer gelten doch als streitbar .

Liebe Grüße
Kathi
 
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