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Treffpunkt Konjugation

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Index » Verben » grauen oder grausen?
Autor Beitrag
daamin

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Beigetreten: 30/11/2009 22:50:23
Beiträge: 309
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In der Redensart heißte es: Heinrich, mir graut vor dir. - Aber was ist im Alltagssprachgebrauch richtig: "Mir graust es vor der Mathematikschulaufgabe" oder "mir graut es vor der Prüfung"? "Es graute ihr vor dem Heimweg im Nebel" - oder "es grauste ihr vor dem Heimweg im Nebel." "Mir graut es vor dem Frühjahrsputz" oder "mir graust es vor dem Frühjahrsputz"?

Geläufig klingt irgendwie beides, wobei ich "grausen " eher im Sinne von Ablehnung und "grauen" eher im Sinne von Furcht verwenden würde, aber stimmt das? - Grauslich, dieses Thema...

LG
daamin
sushini

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Beigetreten: 01/12/2009 23:11:00
Beiträge: 160
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Interessante Übergelegung:

Meiner Meinung nach beziehen sich grauen und grausen auf ein bevorstehendes Übel und beschreiben einen hohen Grad der Furcht. Beide Wörter haben miteinander zu tun. Ich würde sogar meinen, dass Grausen eine höhere Furcht darstellt als das Grauen. Ich frag mich gerade, ob das Wort Greuel in der Bedeutung Schrecken auch mit den beiden Verben zu tun hat.

Beide Wörter drücken meiner Meinung nach eine Ablehnung und die Furcht aus.
Grauen tut man sich vor etwas u.a. vor einem Ort, einem Zustand oder einem Menschen
Grausen tut man sich durch die Einbildungskraft und gespenstigen Vorstellungen u.a. man schaut mit Furcht erfüllt in einen dunklen Wald

Deine Beispielsätze drücken als je nachdem was für ein Verb du nutzt etwas anderes aus.
daamin

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Beigetreten: 30/11/2009 22:50:23
Beiträge: 309
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Zu meiner Verwunderung habe ich auf http://wortschatz.uni-leipzig.de/abfrage/ "grauen " gefunden als reflexiv, mit "haben" gebeugt. - Ich dachte immer, "grauen" steht eindeutig mit Dativ:
"Mich graut es vor dem dunkelen Heimweg" klingt schräg, meines Erachtens muss es richtig heißen "mir graut es vor dem dunkelen Heimweg". Im Duden steht dazu "mir, seltener: mich graut". Das heißt wohl, beide Formen sind nicht falsch. Allerdings ist mir in diesem Zusammenhang die unpersönliche Konstruktion mit "es" in verschiedenen Tempora geläufig, die Passivformen machen keinen Sinn. -

Ach ja, dann ist mir noch "grauen" in der Bedeutung von "dämmern" eingefallen, aber nur in dem Kontext: "Der Morgen graut". - Hier ist "grauen" eindeutig nicht reflexiv, und ein Dativobjekt steht damit auch nicht. - Ich nehme an, in dieser Bedeutung kann "grauen" überhaupt kein Objekt haben. Kann das sein?

LG
daamin
kelekia

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Beigetreten: 14/12/2009 22:07:56
Beiträge: 30
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Hey Daamin,

da gibt es sprachgeschichtlich ganz interessante Fakten. In früheren Stufen des Deutschen kamen auch Sätze vor, in der Art von:

"Mir graut/ahnt, es gibt schlechtes Wetter."

Diese Konstruktion funktionierte mit sogenannten "psychologischen Verben", die ausdrücken, dass der Sprecher eine bestimmte Empfindung hat.
Im Shakespeare-Englisch kommen Wendungen vor, wie: "Me thinks" also: "Mir denkt". Und wir konnten früher ja auch sagen: "Mir dünkt...." und benutzen heute noch Wendungen, wie: "Mir scheint, er hat sich erkältet."
Im heutigen Deutsch brauchen wir allerdings bis auf einige Ausnahmen das Expletivum "es" für solche Fälle, weil wir ein Nominativargument benötigen.

Wahrscheinlich hieß es erst: "Mir ahnt, es gibt schlechtes Wetter"
dann: "Es ahnt mir ..."
schließlich: "Ich ahne, es gibt schlechtes Wetter"

Bei "es graut mir vor" sind wir sozusagen noch eine Stufe "zurück". Sonst könnten wir wohl sagen: "Ich graue mich vor".

Im Moment habe ich irgendwie den Eindruck, dass: "Ich grause mich vor Gespenstern" besser klingt, als: "Ich graue mich vor Gespenstern". Aber vielleicht täuscht das?!? Noch besser, aber "umgangssprachlicher": "Ich grusele mich vor Gespenstern."

Mir schwant aber, zur Klärung trägt das nicht viel bei

Kelekia






daamin

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Beigetreten: 30/11/2009 22:50:23
Beiträge: 309
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Hey kelekia,

doch, dieser Aspekt ist für mich neu , und wie ich finde, auch hilfreich. Ich habe dazu im "Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1984" gefunden, dass "sich grausen " seltener verwendet wird als die häufige unpersönliche Konstruktion "jemandem" oder "jemanden" graust es vor etwas.

"Gruseln " finde ich im Kontext mit Gespenstern, Spukgeschichten etc. auch passender, aber in der Bedeutung schon ein bisschen anders als "grausen " oder "grauen ".

Mir graust es z. B. vor dem Frühjahrsputz, obwohl diese Tätigkeit nicht gruselig ist, sondern nur unangenehme Arbeit. Oder mit graut es vor dem Winter (d. h. ich verbinde negative Erwartungen damit. Deswegen ist aber der Winter nicht gruselig, sondern nur mit Kälte, Grippewelle, Verkehrschaos etc. verbunden).

Aber: Wenn ich nicht schon einmal eine aus der Nähe gesehen hätte, würde ich mich wahrscheinlich vor flatternden Fledermäusen gruseln...

LG
daamin
 
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